Abfallwirtschaft
Der Verband Region Stuttgart ist laut Gesetz für die Entsorgung mineralischer Abfälle und von verunreinigtem Bodenaushub zuständig. Dafür konnten bisher die Deponien der Abfallverwertungsgesellschaft des Landkreises Ludwigsburg (AVL) genutzt werden. Dies wird in Zukunft so nicht mehr möglich sein. Daher ist der Verband nun auf der Suche nach einem Deponiestandort. Eine Aufgabe, bei der auf Transparenz und die Beteiligung von Fachkräften und Bürgerschaft gesetzt wird.
Worum geht es konkret?
Abfallarten und -herkunft
Der Verband Region Stuttgart ist laut Gesetz in seinem Gebiet öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für zwei Abfallströme: Zum einen für mineralische Abfälle, beispielsweise Schlacken, Gießerei- oder Kernsande. Diese mineralischen Abfälle weisen einen höheren organischen Anteil auf als solche Abfälle, die auf einer Deponie der Deponieklasse I (DK I) abgelagert werden dürfen. Die Anforderungen an Deponien bzw. -abschnitte der DK II sind daher höher als die der DK I, bspw. hinsichtlich der Sickerwasserfassung oder der Basisabdichtung zum Untergrund.
Zum anderen ist der Verband öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für verunreinigten Bodenaushub. Als verunreinigter Bodenaushub gilt Material, dessen Verunreinigungsgrad über der sogenannten Hintergrundbelastung liegt. Als Hintergrundbelastung gilt die natürliche Beimengung von Schadstoffen (bspw. Kupfer). Dazu zählt auch Bodenaushub aus Siedlungsbereichen. Dort finden sich, neben unbelastetem Bodenaushub, häufig auch Auffüllungen mit bodenfremden Bestandteilen, wie bspw. Bau- oder Kriegstrümmerschutt sowie Schlacken.
Kreislaufwirtschaft
Mineralische Abfälle bilden deutschlandweit mit über 200 Millionen Tonnen jährlich den größten Abfallstrom und sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Derzeit werden über 90 Prozent der Bau- und Abbruchabfälle stofflich verwertet. Über 56 Prozent finden Anwendung in Rekultivierungsmaßnahmen sowie Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen (Verfüllung/sonstige Verwertungen). Etwa 35 Prozent werden als Recyclingbaustoffe in technischen Bauwerken wiederverwendet. Lediglich 8,3 Prozent müssen der Beseitigung auf Deponien zugeführt werden.
Recyclingbaustoffen gehört nach Ansicht von Expert*innen die Zukunft im Bau. Einige Betriebe, auch in Baden-Württemberg, haben diese umweltfreundliche Alternative zu den endlichen Primärbaustoffen erkannt und sich auf das Recycling von mineralischem Abbruch- und Baumaterial spezialisiert. Diese werden zu hochwertigen Sekundärbaustoffen umgewandelt. Die Recyclingbaustoffe wie Kiese, Sande, Splitt oder Beton kommen in unterschiedlichen Bereichen zum Einsatz. Mit dem Einbau im Straßen-, Wege- und Verkehrsflächenbau sowie im Erd-, Hoch-, und Tiefbau sowie im Garten- und Landschaftsbau werden diese Sekundärbaustoffe wieder in den Kreislauf zurückgeführt..
Wie wird ein neuer Standort gesucht?
Historie
Der Verband Region Stuttgart verfügt über keine eigenen Abfallbehandlungsanlagen zur Beseitigung von mineralischen Abfällen (der Deponieklasse II) und für verunreinigten Bodenaushub. Daher hat er die gesetzlich verankerte Möglichkeit zur Übertragung seiner Entsorgungsaufgaben auf eine privatrechtliche Gesellschaft genutzt. Diese Aufgabenübertragung auf die Abfallverwertungsgesellschaft des Landkreises Ludwigsburg mbH (AVL) trat erstmals zum 1.6.2000 in Kraft. Diese Übertragung wurde mehrfach, zuletzt bis zum 31.12.2024 auf die AVL verlängert. Eine weitere Verlängerung ist nach dem Gesetz möglich.
In Absprache mit den Abfallwirtschaftsbetrieben der Stadt- und Landkreise der Region und unter Einbeziehung des Regierungspräsidiums Stuttgart und dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg bekennt sich der Verband zu seiner Aufgabe als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger und hat, auch zur Planrechtfertigung eines ggf. neuen Deponiestandortes, eine Abfallmengenbilanz und -prognose ausgeschrieben.
Abfallmengen- und Bedarfsprognose
Die Firma wat Ingenieurgesellschaft mbH hat für den Verband Region Stuttgart eine Abfallmengen- und Bedarfsprognose angefertigt. Es handelt sich um eine Prognose der Abfälle, für die dem Verband Region Stuttgart als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger die Entsorgungsverantwortung obliegt. Dies sind mineralische Abfälle, die Deponien der Klasse II zuzuordnen sind, sowie Bodenaushub, der Deponien der Klasse I zuzuordnen ist. Aus der Prognose der Abfallmengen ist der Bedarf für eine oder mehrere Deponien abzuleiten. Die Studie bildet den Status quo der Vermeidung, der Wiederverwendung oder Verwertung sowie der Beseitigung dieser Abfallströme ab und gibt auf dieser Grundlage eine Abschätzung, mit welchem Aufkommen dieser beiden Abfallströme innerhalb der Region Stuttgart kurz-, mittel- und langfristig (bis mindestens 2040) zu rechnen ist.
Studie zur Abfallmengen- und Bedarfsprognose als PDF-Download
Erste Schritte Beteiligung
Nach der politischen Vorberatung zu Jahresanfang 2024 hat der Verband Region Stuttgart die Deponiestandortsuche öffentlich bekannt gemacht und parallel dazu die Bürgerbeteiligung gestartet. Die ersten beiden Verfahrensschritte umfassen zum einen die Ausschreibung einer Studie zum Abfallaufkommen und eine Abfallmengenprognose für die in der Entsorgungspflicht des Verbands liegenden Abfallströme, zum anderen das mehrstufige Verfahren einer dialogischen Bürgerbeteiligung. Diese wird mit der Servicestelle Baden-Württemberg umgesetzt, die auch die Plattform, das sogenannte Beteiligungsportal zur Verfügung stellt.
Scoping
Im ersten Schritt der Bürgerbeteiligung, dem “Scoping-Termin”, haben unterschiedlichste Interessensgruppen und Verbände wichtige Themen, Kriterien und Zielkonflikte bei einer Deponiestandortsuche herausgearbeitet. Diese Sammlung wurden in einer Themenlandkarte festgehalten und bildet die Basis für den zweiten Verfahrensschritt, die Online-Bürgerbeteiligung. Zum Scoping-Termin eingeladen waren insbesondere Interessensvertreter, Naturschutz- und Umweltverbände, der Städtetag Baden-Württemberg, der Landkreistag Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart und die Landkreise in der Region, das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, das Regierungspräsidium Stuttgart, Bürgerinitiativen sowie betroffene Verbände der Wirtschaft (bspw. Bau- und Energiewirtschaft).
Online-Bürger*innen-Beteiligung
Bei der Online-Bürgerbeteiligung konnten alle Bürgerinnen und Bürger eigene Vorschläge für Standortkritierien formulieren, Kommentare abgeben und Persönlichkeiten oder Institutionen vorschlagen (Liste möglicher Impulsgeber), die im dritten Verfahrensschritt, dem Bürgerforum weiteren Input geben. Insgesamt sind 34 Kommentare und 306 Bewertungen eingegangen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Verkehrsthemen. Die Servicestelle Bürgerbeteiligung hat die Themenlandkarte entsprechend ergänzt.
Bürgerforum
Im dritten Verfahrensschritt, dem Bürgerforum, haben rund 50 zufällig ausgewählte Bürger*innen aus 21 Kommunen der Region Stuttgart die Themenlandkarte und Zielkonflikte bewertet. Im Forum wurden Expertinnen und Experten zu relevanten und wichtigen Themen angehört. Darüber hinaus konnten die Zufallsbürgerinnen und -bürger weiteren Input einfordern und sich in vertrauliche Beratungen zurückziehen. Die Ergebnisse und Vorschläge für einen Kriterienkatalog zur Standortsuche werden am 26. November den bearbeitenden Gremien übergeben und fließen somit in die politische Entscheidungsfindung ein.
- Weitere Informationen findet man auf dem Beteiligungsportal.
- Präsentationen aus den Bürgerforen: Moderne Deponien, Standortkriterien, Abfallmengenprognose, Multibarrierenprinzip und Deponieklassen
- Empfehlungen und Hinweise des Bürgerforums
Fachgutachten Standortsuche
Der Verband Region Stuttgart plant ein Gutachten in Auftrag zu geben zur Suche geeigneter Standorte für eine Deponie. Über die weiteren Verfahrensschritte wird an dieser Stelle informiert.