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Presseinformationen |

Weiterer Schritt für strategischen Vorhaltestandort für Industrie und Gewerbe in Dettingen

Regionalversammlung macht Weg für Regionalplanänderungsverfahren frei.

Große Chance für Zukunftstechnologien und Innovation in der Region: Die Regionalversammlung hat in ihrer gestrigen Sitzung mit guter Zwei-Drittel-Mehrheit für ein Regionalplanänderungsverfahren zur Entwicklung eines strategischen Vorhaltestandorts für Industrie und Gewerbe gestimmt. Im Rahmen des Regionalplanänderungsverfahrens wird festgestellt, ob auf einem noch nicht final bestimmten Areal am „Hungerberg“ in Dettingen unter Teck ein regionaler Schwerpunkt für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen ausgewiesen werden kann. Ziel ist die Ansiedlung von Unternehmen und Einrichtungen, die den wirtschaftlichen Strukturwandel in der Region Stuttgart vorantreiben.

Eine Entwicklung des Standortes ist derzeit noch ausgeschlossen, weil sich die Flächen gemäß Regionalplan in einem „Regionalen Grünzug“ befinden. Ihre bauliche Nutzung ist möglich, wenn der Regionalplan entsprechend umgeschrieben wird. Dies setzt ein formales Plan- und Beteiligungsverfahren voraus, das ergebnisoffen durchgeführt wird. Ein Regionalplanänderungsverfahren umfasst grundsätzlich einen Bericht mit der Abschätzung von Auswirkungen auf Umwelt und Natur – inklusive potenzieller verkehrlicher Effekte. Zudem müssen die Öffentlichkeit und die Träger öffentlicher Belange beteiligt werden. All dies soll nun zügig angegangen werden.

Warum soll gerade der Standort Dettingen entwickelt werden?

Bereits 2009 wurde in einer Machbarkeitsstudie ermittelt, dass sich die Lage des Standorts mit unmittelbarem Anschluss an das überörtliche Verkehrsnetz mit Autobahn und Bundesstraße sowie Schienenanschluss für eine industrielle oder gewerbliche Entwicklung eignet. Die verfügbare Fläche könnte bis zu 42 Hektar umfassen – angestrebt wird derzeit eine Flächengröße von zunächst rund 20 Hektar mit Erweiterungsoptionen. Zudem hat die Vereinbarte Verwaltungsge­meinschaft (VVG), in der Dettingen gemeinsam mit Kirchheim/Teck und Notzingen organisiert ist, konkrete Kooperationsbereitschaft signalisiert. „Die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS) arbeitet gemeinsam mit den berührten Gemeinden mit Hochdruck an einer Regelung zur Entwicklung des Standortes“, erläuterte Regionaldirektorin Dr. Nicola Schelling. Dies solle gewährleisten, dass die Fläche im Falle einer Regionalplanänderung auch tatsächlich für eine strategische Nutzung zur Verfügung stünde. „Wenn schon Freiräume in Anspruch genommen werden müssen, dann auch für Zwecke, die dies wirklich rechtfertigen“, so Schelling.

Wie geht es nach dem Beschluss der Regionalversammlung weiter?

Nach Einleitung des Verfahrens durch die Regionalversammlung erarbeitet die Geschäftsstelle des Verbands Region Stuttgart einen Ent­wurf zur Änderung des Regionalplans. Auf Basis der Entwurfsunterlagen, die im Planungsausschuss vorberaten werden, beschließt die Regionalversammlung die Offenlegung des Entwurfs. Die Geschäftsstelle führt anschließend das insgesamt dreimonatige Beteiligungsverfahren durch. Die Bewertung der während des Verfahrens eingereichten Stellungnahmen und die Abwägung der verschiedenen Interessen erfolgt wieder durch die Regionalversammlung.

Stimmen aus den Fraktionen

Roland Schmid (CDU/ÖDP) betonte: „Die Menschen, die hier leben, wollen hier ihr Geld verdienen und ihre gesicherte Zukunft haben.“ Darauf müsse die Region vorbereitet sein und modernen Unternehmen und damit Arbeitsplätzen eine Perspektive geben. Wer Innovationen haben wolle, müsse auch dazu bereit sein, Freiräume zu belasten und die Nachteile gewerblicher Ansiedelungen in Kauf zu nehmen. Konversionsflächen seien der falsche Ansatz und eine mutlose und kraftlose Antwort. Schmid dankte den Kommunen, die willens sind, die Planungsarbeit auf sich zu nehmen, um Betrieben Flächen zur Verfügung zu stellen. Dies sei aber die Voraussetzung für eine wachstumsorientierte Entwicklung und der richtige Weg, um die Dynamik in der Region zu erhalten.

„Es kann nicht länger um die großen, raumdominierenden Investitionen gehen“, sagte Dorothee Kraus-Prause (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Denn Flächen auf der „Grünen Wiese“ würden nicht automatisch neue Arbeitsplätze schaffen. Nach Kraus-Prause müsse es Ziel und Zeichen der Transformation sein, dass innovative Unternehmen eine Umsetzung in bestehenden Gewerbegebieten oder auch Brachen schaffen. Es müsse „für Zivilgesellschaft, Staat und Wirtschaft darum gehen, die Grenzen der Naturnutzung und -belastung zum zentralen Maßstab des Handelns zu machen.“ Sie zweifelte an, dass eine doppelte Vorhaltung von Flächen für den Verbrenner und die E-Mobilität benötigt werde, da das Ende des Verbrenners schneller kommen werde als erwartet. 

“Erschlossene größere Gewerbeflächen sind nicht in Sicht”, stellte Wilfried Dölker (Freie Wähler) fest. Außer Jammern gebe es nur die Möglichkeit “zu handeln, um den Strukturwandel in der Region zu ermöglichen.” Alles Notwendige in Bestandsflächen unterbringen zu wollen, sei realitätsfern. „Wir wollen nicht, dass sich neue Technologie und die innovativen, starken Unternehmen, die das Rückgrat unserer Region sind, außerhalb der Region ansiedeln.“ Standortvorteile und die erfüllten Prüfkriterien für den Standort in Dettingen/Kirchheim seien zutreffend dargestellt. Dölker sah die vermeintliche Selbstzufriedenheit der Region als ein großes Risiko für den Wirtschaftsstandort.

Für Harald Raß (SPD) bedeutet die Einleitung eines Planänderungsverfahrens „den Beginn einer Abwägung mit zunächst nicht festgeschriebenem Ergebnis“. Somit werde mit der Verweigerung des Verfahrens „der ‚Status Quo‘ zementiert.“ „Grünflächen sind klimatisch von hoher Bedeutung“, konstatierte Raß. Doch sei es Aufgabe des Verbandes, „mit Produktionsstandorten die Voraussetzung für wettbewerbsfähige und nachhaltige Technologien in der Region zu schaffen.“ Seine Fraktion werde „genau darauf achten, ob und wie die Prüfkriterien in der planerischen Praxis umgesetzt werden.“

Joachim Hülscher (AfD) bemerkte, „dass uns der Strukturwandel mit negativen Langzeitfolgen politisch aufgenötigt wird.“ Er verwies darauf, dass niemand wisse, ob die Neuflächen künftig wirklich benötigt werden. Wichtig sei es aber, „die Regionalplanung strategisch weitsichtig zu steuern.“ Seine Fraktion stimme der Eröffnung des Verfahrens zu, sehe aber angesichts der Masse an Prüfkriterien und Schutzaspekten durch die Lage im Regionalen Grünzug einen langen Weg bis zu den Ergebnissen.

Für Volker Weil (FDP) sollte das gemeinsame Ziel „hohe Bruttowertschöpfung im Einklang mit immer besserer Ressourcennutzung“ sein. Standorte an der Autobahn seien ökonomisch und ökologisch sinnvoll. Er lobte das beispielhafte Zusammenspiel der Kommunen unter der Moderation der Region: „Wir haben hier eine Vorgehensweise, die ein bundesweites Modell werden kann.“

Sebastian Lucke (DIE LINKE/PIRAT) kritisierte das Vorhaben als „Armutszeugnis regionaler Planungs- und Verkehrspolitik.“ Die Ausweisung neuer Flächen, zumal im regionalen Grünzug, sei der „bequeme Weg“. Die regionalen Unternehmen sollten jedoch so unterstützt werden, dass sie ihre bestehenden Standorte auf zukünftige Produkte umstellen könnten. Verdichtete Bauweisen und gezielte Aktivierung von Bestandsflächen seien gefragt.

Hintergrund: Konzept der regionalen Vorhaltestandorte

Die Region Stuttgart steht angesichts des beschleunigten technologischen und ökonomischen Wandels vor weitreichenden Herausforderungen. Das Konzept des „regionalen Vorhaltestandortes“ soll es ermöglichen, bei strategischen Flächenbedarfen für die wirtschaftliche Transformation handlungsfähig zu sein – von Digitalisierung über Elektromobilität und autonomes, vernetztes Fahren bis zu neuen Mobilitätskonzepten. Bei der Umsetzung neuer, zukunftsweisender Technologien und der Erschließung neuer Geschäftsfelder werden großflächige Produktions-, Logistik- sowie Forschungs- und Entwicklungsstrukturen benötigt.

Baureife Flächen, die sich für größere und unter Umständen emissionsträchtige Gewerbe- und Industrievorhaben eignen, sind in der Region Stuttgart jedoch Mangelware. In den derzeitigen regionalen Gewerbeschwerpunkten sind rund 320 Hektar für eine bauliche Entwicklung gesichert, jedoch sind davon nur sechs Gebiete größer als 20 Hektar. Zusätzlich gestalten sich die bauleitplanerische Ausweisung der Flächen, die Regelung der Eigentums- und Besitzverhältnisse sowie die Erschließungsmaßnahmen als äußerst langwieriger Prozess. Gleichzeitig wird der Bedarf an diesen großen, verkehrlich gut erschlossenen Standorten durch den Transformationsprozess in der Automobil­industrie verstärkt: Neben den herkömmlichen Verbrennungsmotoren müssen auch andere Antriebsformen entwickelt, erprobt und produziert werden. Bislang konnten die dazugehörigen Einrichtungen teil­weise innerhalb der bestehenden Werksareale realisiert werden. Diese Potenziale sind allerdings weitgehend ausge­schöpft – was erhebliche negative Auswirkungen für Investitionsentscheidungen von Unternehmen und in der Folge für den Wirtschaftsstandort insgesamt nach sich ziehen könnte.

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