BRÜSSEL: Automobilstandort 4.0, Luftreinhaltung, der Ausbau von Glasfaserinfrastruktur sowie EU-Strategien für die Entwicklung von städtischen Räumen – das waren die Themenschwerpunkte einer zweitägigen Delegationsreise von Regionalpolitikerinnen und -politikern nach Brüssel. Höhepunkt war die gestrige Feier „15 Jahre Europabüro der Region Stuttgart in Brüssel“ mit EU-Haushaltskommissar Günther H. Oettinger als Hauptredner. Mitgefeiert haben in der Landesvertretung Baden-Württemberg Gäste anderer Bundesländer, europäischer Regionen sowie Partner aus internationalen Netzwerken.
Der Verband Region Stuttgart und die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) eröffneten 2002 ihr Büro in Europas Hauptstadt. Es dient als Antenne zu den europäischen Institutionen und hat als weitere Aufgaben die Information über Förderprojekte, Netzwerkarbeit sowie Standortmarketing. Seit 2014 befindet sich die regionale Dependance in der baden-württembergischen Landesvertretung. „Durch diese räumliche Nähe zum Land, zu den europäischen Institutionen und den ebenfalls unter diesem Dach ansässigen Unternehmen können Synergien noch besser genutzt werden“, führte der Verbandsvorsitzende Thomas S. Bopp aus.
Die Region Stuttgart präsentiere sich mit „Nachdruck und Erfolg“ in Brüssel, lobte Günther H. Oettinger. Nachdem der Verband Region Stuttgart ein Pionier der Regionalisierung gewesen sei, sei das regionale Europabüro in Brüssel die „logische Folge der Außendarstellung“ gewesen. Auch der Hausherr der Landesvertretung Johannes Jung äußerte sich positiv über die regionale Kooperation: „Die Region Stuttgart macht dies auf hervorragende Weise.“
„Es ist wichtiger denn je in Brüssel vertreten zu sein“, unterstrich Thomas S. Bopp in seiner Ansprache. „Bei der Eröffnung des Brüsseler Büros im Jahr 2002 hätte niemand gedacht, welche Auflösungserscheinungen sich in der EU einstellen“, sagte Bopp im Hinblick auf den Brexit und die Ereignisse in Katalonien. „Wir brauchen mehr Europa, nicht weniger“, so seine Schlussfolgerung. „Wir stehen mit vollem Herzen zur Europäischen Union und profitieren sehr stark von ihr“, machte Regionaldirektorin Dr. Nicola Schelling deutlich und stieß damit ins gleiche Horn wie EU-Kommissar Oettinger kurz zuvor. Denn als Exportregion sei Europa der wirtschaftliche Ast, auf dem die Region Stuttgart sitze. Gerade der europäische Binnenmarkt erleichtere den Absatz regionaler Produkte, zum Beispiel der Automobilindustrie. Günther H. Oettinger sieht in der Zukunft der Mobilität „die Überlebensfrage“ für Baden-Württemberg. „Die Wertschöpfung des Automotive-Bereichs in der Region Stuttgart muss erhalten bleiben.“ Wie man die tiefgreifenden dynamischen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsweisend aufgreifen könne, zeigt, nach Auffassung von Dr. Schelling, die Internationale Bauausstellung StadtRegion Stuttgart 2027. „Die europäischen Metropolregionen leisten einen wesentlichen Beitrag zum Wohlstand und zur Lebensqualität Europas. Dort liegen die größten Probleme, dort werden sie aber auch gelöst“, formulierte Dr. Schelling auch als Präsidentin des europäischen Metropolennetzwerkes Metrex. Ihre Forderung: „Die europäischen Entwicklungsmotoren müssen mit der EU-Kohäsionspolitik auch künftig finanziell unterstützt werden.“
Stimmen der Fraktionen zur Euroarbeit der Region Stuttgart
Helmut Noë (CDU) beurteilt „die Entscheidung, vor 15 Jahren, das Europabüro der Region einzurichten, als strategisch richtig“. „Die Region braucht Europa in der Zukunft mehr denn je, um die Herausforderungen bei der Digitalisierung und der Industrie 4.0 erfolgreich meistern zu können. Insbesondere die Automobilindustrie einschließlich der Zulieferer ist auf einen erfolgreichen Binnenmarkt angewiesen. Die Entwicklung alternativer Antriebe kann nur im Austausch mit anderen gelingen.“
Ulrike Sturm (Grüne) verwies auf die „vielfältigen Verbindungen zu regionalen und überregionalen Lobbyisten“, die für die Arbeit von Verband Region Stuttgart und Wirtschaftsförderung hilfreich seien. Sie wünscht sich, „dass Informationen über europäische Gesetze und Forschungsergebnisse die Fraktionen der Regionalversammlung noch besser erreichen“. Denn gerade im Umwelt- und Klimaschutz passiere vieles auf europäischer Ebene, was auch regional umgesetzt werden sollte.
Andrea Klöber (SPD) sagte: „Die Vorträge und Diskussionen haben aufgezeigt, wie wichtig es für unsere Region ist, dass wir uns mit unseren spezifischen Entwicklungen und Erfordernissen in die Entscheidungsprozesse der Europäischen Union einbringen. Das gilt insbesondere für Fragen der Siedlungsentwicklung und des wirtschaftlichen Strukturwandels.“
„Es ist ja bekannt, dass die Freien Wähler den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf kommunalen und regionalen Problemstellungen konzentrieren“, machte Wilfried Wallbrecht deutlich. „Trotzdem haben Entscheidungen in Brüssel natürlich Auswirkungen auf den Alltag der Kommunen und Bürgerinnen und Bürger. Deswegen macht es Sinn, wenn die Region Stuttgart mit einem Büro in Brüssel vertreten ist. Ob der Aufwand dafür, also das Verhältnis von Nutzen und Kosten, angemessen ist, vermag ich wirklich nicht zu beurteilen.“
„Das Europabüro ist die Schnittstelle zu einer vertieften Kooperation mit anderen europäischen Metropolregionen, die vor gemeinsamen Herausforderungen stehen“, sagte Christoph Ozasek (Linke). Es gelte, zukunftsfähige Lösungen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu finden, speziell in den Bereichen Klimaanpassung, Luftreinhaltung, neue Mobilitätskultur und dem Strukturwandel.
Albrecht Braun (FDP) resümiert: „Ich freue mich darüber, dass die Region Stuttgart mit ihren Einrichtungen in Europa offensichtlich gut vertreten und vernetzt ist. Die Inhalte unserer Informations-Reise waren anspruchsvoll und haben aktuelle Herausforderungen deutlich gemacht: Wir können unsere Standards selbstbewusst vertreten und müssen aber alle massiv in die Chancen der Zukunft investieren, wenn wir unsere Leistungsfähigkeit erhalten wollen.“
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