STUTTGART, 29.11.2024: Der Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur und Verwaltung des Verbands Region Stuttgart hat sich in seiner heutigen Sitzung mit der zukünftigen Entsorgung mineralischer Abfälle befasst. Im Fokus standen die Abfallmengen- und Bedarfsprognose für Deponien der Klassen I und II sowie die Ergebnisse eines umfangreichen Bürgerbeteiligungsprozesses.
Bedarfsprognose unterstreicht Dringlichkeit
Deponien der Klasse I (DK I) dienen der Entsorgung von belastetem Bodenaushub, der nur geringe Schadstoffkonzentrationen aufweist. Deponien der Klasse II (DK II) hingegen sind für mineralische Abfälle vorgesehen, die höhere Schadstoffbelastungen haben, etwa Schlacken oder Abfälle aus industriellen Prozessen. Diese Abfälle erfordern ein aufwändigeres Sicherheitskonzept, um Umwelt- und Gesundheitsrisiken auszuschließen. Für beide Deponieklassen hat die Prognose einen Bedarf für eine neuen Deponiestandort ermittelt. So stehen die derzeit noch verfügbaren Deponiekapazitäten in der Region teils nur noch wenige Jahre zur Verfügung. Daher ist eine vorausschauende Planung unerlässlich. Bis 2084 wird mit bis zu 12 Millionen Tonnen Bodenaushub und 20 Millionen Tonnen mineralischen Abfällen gerechnet. Diese Mengen spiegeln die Anforderungen der Bauwirtschaft sowie die Auswirkungen der neuen Ersatzbaustoffverordnung wider.
Bürgerforum liefert wichtige Impulse und Kriterien zur Abwägung
Bei der Suche nach Deponiestandorten setzt der Verband Region Stuttgart auf einen umfassenden Kriterienkatalog. Dieser kombiniert technische, rechtliche, soziale und ökologische Aspekte. Grundlage sind neben gesetzlichen Anforderungen, wie dem Kreislaufwirtschaftsgesetz auch die Empfehlungen eines in Zusammenarbeit mit der Servicestelle Dialogische Bürgerbeteiligung durchgeführten Bürgerforum. Das Bürgerforum hat sich in vier Sitzungen intensiv mit unterschiedlichen Aspekten der Deponiestandortsuche befasst. Dazu gaben Expertinnen und Experten Inputs, z.B. zu den rechtlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen sowie über den technischen Betrieb einer Deponie. Ausgehend von diesen Inputs haben die rund 50 Zufallsbürgerinnen und -bürger Standortkriterien formuliert und priorisiert, die einen ausreichenden Abstand von Standorten in der Nähe von Wohngebieten, den Schutz ökologisch sensibler Räume und eine gute verkehrstechnische Anbindung hervorheben.
Als Ergebnis stehen Hinweise, die der Regionalversammlung bei der Standortsuche helfen. Zudem spricht sich das Bürgerforum auch für den Bau von zwei Deponien in der Region Stuttgart aus, sofern diese wirtschaftlich betrieben werden können. Die hohe Zustimmung zu den Ergebnissen von über 90 % der Teilnehmenden unterstreicht die Akzeptanz des Prozesses und die Relevanz der Ergebnisse. Ergänzt werden diese Ergebnisse durch Analysen externer Fachleute und den Austausch mit regionalen Behörden.
Die gesamte Stellungnahme des Bürgerforums finden Sie hier: https://www.region-stuttgart.org/de/bereiche-aufgaben/abfallwirtschaft/
Stimmen der Fraktionen
CDU/ÖDP: Die Verantwortung ist unsere Verantwortung. Es muss vom Randthema zu zentralem Thema werden“, betonte Roland Schmid. Er erklärte, dass es entscheidend sei, effektive, zielorientierte Verfahren zu entwickeln, die eine funktionierende Beteiligung der Gemeinschaft gewährleisten. Schmid lobte die Bemühungen der Verwaltung und der Beteiligten, „ein sorgfältiges und fehlerfreies Verfahren sicherzustellen“.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Unsere Verantwortung steht hier außer Frage“, betonte Ulrich Dilger. Er zeigte sich beeindruckt von der Transparenz des Prozesses sowie von der Qualität und Tiefe der Diskussionen im Forum. Besonders hervorgehoben wurden die konstruktiven Vorschläge der Beteiligten. Eine ähnliche Beteiligungsform könnte er sich auch bei anderen Themen wie der Windkraft vorstellen.
FREIE WÄHLER: „Wir müssen gewappnet sein, um unseren Pflichten nachzukommen“, erklärte Gerd Maisch. Er bezeichnete die Ergebnisse der Beteiligung als spannend, aber auch schwierig zu bewerten, besonders beim Thema Nachteilsausgleich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei richtig und wichtig, sie böte jedoch keinen absoluten Schutz vor Gegenwind.
AFD: Ulrich Deuschle äußerte Bedenken, „dass die umfangreiche Arbeit und das Engagement des Bürgerforums möglicherweise in der finalen Entscheidung nicht ausreichend zur Geltung kommen könnte.“ Er sprach sich zudem dafür aus, die Option eines Bürgerentscheids offen zu halten.
SPD: "Keiner wird es machen wollen, es wird viele Anreize benötigen", betonte Jürgen Kessing. Weiterhin fügte er hinzu, dass ihm ein wichtiger Parameter fehle, nämlich die Berücksichtigung bereits getragener Lasten bei der Neuverteilung.
FDP: Albrecht Braun lobt den Prozess, betonte jedoch: „Wir müssen Verantwortung für unsere Entscheidungen tragen und können es nicht abwälzen.“