Mit der Frage wie sich der Schienenknoten Stuttgart in der langfristigen Perspektive darstellt, hat sich der Verkehrsausschuss des Verbands Region Stuttgart in seiner Sitzung am Mittwoch beschäftigt. Aufbauend auf den von der Region entwickelten und im Regionalverkehrsplan gesicherten Plänen zum Nordkreuz hat das Land nun als wichtige langfristige Ergänzung das sogenannte Nahverkehrsdreieck zur Diskussion gestellt. Zentrales Element ist dabei Erhaltung und Anbindung der Panoramabahn in Richtung Feuerbach und in Richtung Bad Cannstatt. Der Verkehrsausschuss hat in der heutigen Sitzung Prämissen für eine Unterstützung der Pläne formuliert.
Aktueller Stand
Mitte März hat das Verkehrsministerium Baden-Württemberg die Pläne für den sogenannten Eisenbahnknoten 2040 präsentiert. Die Untersuchung hat gezeigt, dass anstelle des vom Land bisher favorisierten Ergänzungsbahnhofs weitere Infrastrukturergänzungen im Bereich des Nordbahnhofs zielführender sind. Gleichzeitig wurde bestätigt, dass mit der Digitalisierung der Bahn im Rahmen des Digitalen Knotens Stuttgarts die maßgeblichen Grundlagen für einen leistungsfähigen zukünftigen Schienenverkehr geschaffen werden. Der absehbare verkehrliche Bedarf kann mit Ergänzung der bereits geplanten Infrastrukturmaßnahmen P-Option, Pfaffensteigtunnel, Nordzulauf und Panoramabahn mit Nordhalt abgedeckt werden. Bei steigendem Bedarf empfehlen die Gutachter ergänzende Verkehre, die einen weiteren Infrastrukturausbau im Zulauf aber auch im Bereich des Nordbahnhofs notwendig machen. Die vorgeschlagenen Ergänzungen basieren auf dem sogenannten Nordkreuz, das Verbindungen von der Panoramabahn in Richtung Feuerbach und Bad Cannstatt herstellt. Bestandteil ist auch die T-Spange, die Verkehre aus Richtung Feuerbach in Richtung Bad Cannstatt und umgekehrt ermöglicht.
Regionale Prämissen für ein künftiges Nordkreuz
Der Verband Region Stuttgart unterstützt diese wichtige Infrastrukturergänzung, sieht aber noch weiteren Untersuchungsbedarf.
- Das Nordkreuz muss so ausgebildet werden, dass sich aus dem zukünftigen Verkehrsangebot die besten Wirkungen entstehen. Daher wird in diesem Zusammenhang gefordert, nicht nur wie bislang die verkehrlichen Wirkungen und Chancen, die sich aus einer T-Spange für den Regionalverkehr ergeben, zu untersuchen, sondern auch die Wirkung der T-Spange im S-Bahn-Betrieb.
- Bei langfristigen Maßnahmen müssen weitere im direkten Umfeld notwendige Erhaltungsmaßnahmen mitberücksichtigt werden, um baubedingte Einschränkungen zu minimieren. Daher soll zur Sicherung des S-Bahn-Betriebs vor Umsetzung des Nordkreuzes der Sanierungsbedarf der beiden Röhren des bestehenden Pragtunnels überprüft und falls erforderlich umgesetzt werden.
- Ohne Panoramabahn wird es kein Nordkreuz geben. Daher muss federführend das Land zügig den Erhalt der Panoramabahn mit entsprechender Sanierung und dem Bau eines Nordhalts möglichst zeitnah umsetzen.
- Den Bau der Vorabmaßnahme der P-Option unterstützt die Region, die daran anschließende zweite Baustufe der P-Option ist so auszubilden, dass eine Anbindung der Panoramabahn sowohl an die S-Bahn als auch an die Ferngleise in Richtung Feuerbach möglich bleibt.
- Die Potentiale der Digitalisierung gilt es vorausschauend zu sichern. Daher soll die Ausrüstung des Streckenabschnitts zwischen Zuffenhausen und Nordbahnhof im Rahmen des digitalen Knotens so erfolgen, dass auf dieser Strecke – wie auf der S-Bahn-Stammstrecke - perspektivisch bis zu 36 Züge pro Stunde verkehren können.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD; FDP und DIE Linke/Pirat haben zudem beantragt gemeinsam mit dem Land ein Betriebskonzept zu erstellen, damit die Betriebsaufnahme möglichst schnell erfolgen kann. Zudem soll der Bau eines Dritten Gleises an der Mittnachtstraße und dessen städtebaulichen Auswirkungen geprüft werden. Dafür werden 100.000 Euro aus der Rücklage bereitgestellt.
Stimmen aus den Fraktionen
Helmut Noë (CDU/ÖDP) betont: „Wir setzen uns natürlich für die Panoramabahn ein. Es ist auch Ergebnis der Schlichtung, dass sie eine Zukunft haben muss. Leider hat Land seit 2017 keine Betreiberkonzeption hierzu vorgelegt.“ Wichtig sei nun eine Kooperationsvereinbarung abzuschließen, um sich gemeinsam auf den Weg zu machen. Er hebt zudem hervor, dass der Verband nicht bereit sei als Betreiber aufzutreten. Hier sei das Land in Pflicht. „Nur weil der Verkehrsminister seinen Ergänzungsbahnhof abgeräumt hat, ist es keine logische Konsequenz, dass wir in die Betreiberschaft eintreten. Wir beteiligen uns an der Planung der Infrastruktur, sind daran interessiert, die Panoramabahn im Notfall zu nutzen und sind bereit punktuell dafür zu bezahlen.“
Prof. Dr. André Reichel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erläutert: Wir wollen verbessern, deswegen auch der interfraktionelle Ergänzungsantrag. In den Plänen der Vergangenheit steht viel, aber es braucht konkrete Schritte.“ Man habe sich letztes Jahr schon zur Panoramastrecke und ihren Erhalt bekannt, jetzt soll es einen Schritt weiter gehen. „Wir müssen jetzt in die Gänge kommen und nicht noch zehn Jahre warten“, so Reichel. Ihm sei wichtig keine Vorfestlegungen für Takte zu treffen, sondern den Fokus auf zusätzliche Kapazitäten zu legen. „Nachdem das Land so große Bereitschaft gezeigt hat, wollen wir nicht nur folgen, sondern mitwirken.“ Welche Zugarten fahren und welche Halte es geben soll, sollte jetzt offen untersucht werden ebenso wie man zur schnellen Umsetzung kommen könne.
Laut Bernhard Maier (Freie Wähler) gebe es den gemeinsamen Nenner die Panoramabahn zu erhalten. Mit Genugtuung habe er festgestellt, dass der Ergänzungsbahnhof abgeräumt sei und die Planungen für die P-Option, T-Spangen und die Verbindung Bad Cannstatt und Feuerbach fest aufgenommen würden. Nun stelle sich die Frage, welche Rolle der Verband Region Stuttgart spielen werde. „ Der Verband drängt sich nicht in Aufgaben, die ihm nicht zustehen“, so Meier. „Es geht um ein Milliardenprojekt und es kann nicht sein, dass der Verband sich selbst den Hut aufsetzt.“ Er betont: „Wir wollen mitwirken aber vor dem Hintergrund der Interessenlage.“
Thomas Leipnitz (SPD) präzisiert die Intension des interfraktionellen Antrags: „Im Moment fährt da keine S-Bahn. Unser Ziel ist, dass sich das künftig ändert. Wir wollen da mehr und möglichst schnell mehr.“ Man habe durch die Diskussion um den Ergänzungsbahnhof zwei Jahre verloren. Einer Verlängerung der S-Bahn nach Horb stehe er offen gegenüber, sofern die Stabilität des S-Bahnverkehrs nicht leide. Eine S-Bahn nach Rottweil oder Singen sei hingegen „illusorisch und abzulehnen.“ In Bezug auf den Nordhalt fordert er „Tempo, Tempo, Tempo.“
Auch Armin Serwani (FDP) präzisiert den Antrag: „Wir fordern ein Betriebskonzept und haben nicht gesagt, dass wir uns an eine Betriebsgesellschaft beteiligen. Diese Diskussion läuft noch.“ Er wolle Zusatzverkehre um gegebenenfalls auch dem Ansinnen der CDU/ÖDP nach einem 10- Minuten-Takt näher zu kommen.
„Wir hatten schon einige Lippenbekenntnissen für den Erhalt der Panoramabahn, aber keine konkrete Zukunftsplanung“, so Wolfgang Hoepfner (DIE LINKE/PIRAT). Mit der Panoramabahn haben wir mehr Flexibilität, ein besseres Störungsmanagement, eigenständige Verkehrsbeziehungen und ein attraktives Angebot für unsere Fahrgäste.