Das Jahr 2024 war für die S-Bahn Stuttgart erneut ein Jahr voller Herausforderungen. Trotz intensiver Bemühungen und fortlaufender Investitionen in die Infrastruktur und Servicequalität bleiben die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück. Der Verband Region Stuttgart als Besteller des S-Bahnverkehrs bei der DB Regio hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit den Kennzahlen für 2024 befasst.
Pünktlichkeit bleibt unter Zielvorgaben zurück
Die Pünktlichkeitsrate der S-Bahn Stuttgart verbesserte sich leicht auf 89,5 % für Verspätungen unter sechs Minuten, bleibt jedoch hinter den Zielvorgaben (98%) zurück. Die Pünktlichkeitsrate unter drei Minuten lag bei 73,4% (vgl. 2023 74,1%) und ist damit weit entfernt vom Zielwert 94,5%. Die störungsbedingten Zugausfälle sind etwa 10% geringer als im Vorjahr, jedoch sind die absoluten Zahlen immer noch hoch, was die Zuverlässigkeit des Betriebs beeinträchtigt.
Bewertung der Fahrgäste
Die Fahrgäste bewerten die Pünktlichkeit, Sicherheit, Information und Sauberkeit ähnlich wie 2023. Die Bewertung der Pünktlichkeit blieb mit einer Note von 3,6 deutlich hinter der angestrebten Zielnote von 2,5 zurück. Die Sicherheit wurde stabil mit einer Note von 2,3 bewertet, was besser als die Zielnote von 2,5 ist. Besonders herausfordernd war die Verschlechterung in der Kommunikation bei Verspätungen, die von einer Note von 3,0 im Jahr 2023 auf 3,1 in 2024 anstieg, was die Notwendigkeit einer verbesserten Kommunikation unterstreicht. Die Sauberkeit in den Zügen erhielt eine konstante Bewertung von 2,4, die besser als die angestrebte Zielnote von 2,5 ist, und zeigt, dass in diesem Bereich die Erwartungen übertroffen wurden.
Die unzureichende Pünktlichkeit und andere verfehlte Leistungsziele führten zu Straf- und Rückzahlungen in Höhe von sieben Millionen. Diese Gelder werden gemäß den Vertragsbedingungen für Maßnahmen verwendet, die die Pünktlichkeit und die Fahrgasterfahrung verbessern sollen.
Dr. Matthias Glaub, Vorsitzender der Geschäftsleitung der S-Bahn Stuttgart betonte: „Für ein zuverlässiges S-Bahn-Netz in der Zukunft muss an den Strecken gebaut werden. Die Sanierung der Infrastruktur und der Ausbau zum digitalen Knoten beeinträchtigen den S-Bahn-Verkehr sehr stark, leider nicht ohne Auswirkungen für unsere Fahrgäste. Wir tun als Betreiber der S-Bahn alles dafür, dass die Menschen hier in der Region im Alltag mobil bleiben, gut informiert sind und verlässlich ihr Ziel erreichen - auch wenn die Rekordzahlen an Baustellen von allen Mitarbeitenden der S-Bahn enorme Anstrengungen abverlangen. Der Kraftakt wird unter anderem dadurch deutlich, dass die Busse, die ersatzweise im letzten Jahr für unsere S-Bahnen gefahren sind, in Summe mehr als 43 Mal den Erdäquator umkreist haben.“
Maßnahmen zur Stabilisierung und Qualitätssicherung
Der Verband Region Stuttgart und die S-Bahn Stuttgart haben eine Reihe von Maßnahmen zur Stabilisierung und Qualitätssicherung ihres Services ergriffen, darunter fortlaufende Modernisierungen von Gleis- und Signalsystemen, die dazu dienen, Betriebsunterbrechungen zu reduzieren. Zudem wurde seitens des Verbands im Juli 2024 u.a. die Einführung zusätzlicher Stellen für die optimierte Planung von Schienenersatzverkehren, die Verbesserung der Wegeleitung bei Ersatzkonzepten, Live-Informationen über Lautsprecherdurchsagen und eine Verdoppelung der Sicherheitsstreifen in den Nachtstunden beschlossen. Die Gesamtkosten der Maßnahmen belaufen sich auf rund 7,7 Millionen Euro und sind auf mehrere Jahre angelegt. Weiterhin wurde der Einsatz neuer Technologien vorangetrieben, um die Fahrgastinformation und Betriebsführung zu optimieren. Zudem wurden Personalentwicklungsprogramme intensiviert, um die Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeitender zu sichern und zu verbessern. Mit Blick auf das aktuelle sollen die Anstrengungen weiter verstärkt werden.
Stimmen der Fraktionen
CDU/ÖDP | „Das Bemühen ist erkennbar, doch wir haben immer noch riesige Probleme, besonders bei der Pünktlichkeit“, betonte Elmar Steinbacher. Er erläuterte die Schwierigkeiten, indem er hervorhob, dass man noch immer 28% unter dem Zielwert liege und bei dem aktuellen Tempo 70 Jahre bräuchte, um das Ziel zu erreichen. Steinbacher betonte: „Wir machen Verträge in der Erwartung, dass sie eingehalten werden. Die Bahn schuldet uns die vereinbarte Pünktlichkeit.“ Er sprach auch den schlechten Zustand der Infrastruktur und die Baustellen an, die das Verkehrsaufkommen nicht mehr bewältigen können. „Die Lösung ist ETCS, deswegen muss der DKS 3 kommen. Wie sollen wir sonst das System ins Lot bringen und mehr Pünktlichkeit erreichen? Ohne Digitalisierung geht es nicht.“ Sicherheit sei ein weiterer wesentlicher Punkt, um Akzeptanz für das System zu gewinnen, deswegen müsste die Videoüberwachung bleiben, und zwar gesamthaft, im Fahrzeug und am Bahnsteig. |
Bündnis 90/Die Grünen | „Same procedure as last year, as every year. Geändert hat sich nur der Vortragende“, betonte Michael Lateier. Das größte Problem seien dabei die Baustellen. Zwar bräuchte man sie, aber die Baustellenplanung sei verbesserungsbedürftig.“ Lateier sprach von einer langen Zeit, in der man von der bestehenden Infrastruktur profitiert habe, aber jetzt sei diese am Zusammenbrechen: „Wir sind weit, weit, weit unter den von uns vorgegebenen und vertraglich zugesicherten Zielwerten.“ Er stellte fest, dass ein großer Teil der Verbesserungen in der Kommunikation durch den Verband mitfinanziert werde. Das habe sich bezahlt gemacht. Er resümierte: „Befriedigend ist diese Situation nicht, auch wenn sie geringfügig besser ist, entspricht sie nicht dem, was wir erwarten und benötigen.“ |
Freie Wähler | „Den Fahrgästen wird viel abverlangt, deshalb muss nach Stuttgart 21 und dem Digitalen Knoten Stuttgart (DKS) in die Ertüchtigung der Bestandsstrecken investiert werden“, erklärte Frank Buß. Er betonte die Notwendigkeit weiterer Investitionen und Baustellen, um den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern. „Wenn unser Ziel ist, dass der ÖPNV signifikant besser wird, dann macht es die Anzahl der Baustellen erträglicher.“ Die minimalen Verbesserungen bei der Pünktlichkeit seien Schritte in die richtige Richtung, die jedoch nicht ausreichen würden. „Der Fahrgast muss im Fokus sein, und verbesserte Kommunikation ist ein wichtiger Baustein dafür“, fügte er hinzu. Abschließend sprach Buß über die Bedeutung der Sicherheit: „Der eingeschlagene Weg ist richtig. Wir müssen gemeinsam alles tun, um die Sicherheit zu verbessern.“ |
SPD | Michael Makurath gab seiner Unzufriedenheit Ausdruck. „Der Turnaround, den wir uns alle wünschen, steht aus und ist nicht am Horizont zu erkennen.“ Er identifizierte die mangelhafte Infrastruktur als den „Elefanten im Raum“, ein Thema, das seine Fraktion sehr beschäftige. Makurath sprach über die Problematik der zahlreichen Baustellen und die daraus resultierenden Ersatzverkehre: „Wir bekommen statt der bestellten Leistung zunehmend Ersatzverkehre.“ Er stellte die Frage in den Raum: „Wie können wir den Schienenersatzverkehr so gestalten, dass er als attraktives Angebot wahrgenommen wird?“ |
FDP | „Das Glas ist ein Viertel voll und es ist noch einiges an Luft nach oben“, betonte Gabriele Heise. Weiterhin sprach sie die Pünktlichkeitsproblematik an: „Wenn wir schon bei geringeren Fahrgastzahlen so unpünktlich sind, will ich mir nicht ausrechnen, wie unpünktlich wir wären, wenn wir unser Fahrgastziel erreichen.“ Zum Abschluss ihres Beitrags appellierte sie an die Bahn: „Lassen Sie es nicht beim viertelvollen Glas. Wir unterstützen auch finanziell, dass das Glas voller wird.“ |
LINKE.Piraten.SÖS | „Von Qualität kann man bei der Bahn nicht sprechen. Das Personal bemüht sich, aber die marode Infrastruktur untergräbt jegliches Engagement“, stellte Philip Köngeter fest. Er berichtete über eigene Erfahrungen: „Information Fehlanzeige, Ersatzverkehr Fehlanzeige.“ Köngeter kritisierte: „Wir bezahlen, wir kritisieren, aber passiert ist nichts. Es muss besser werden, schlechter kann es kaum werden.“ |
Hier geht es zum Jahresbericht von Verband Region Stuttgart und S-Bahn Stuttgart: Jahresbericht 2024