Während den sechswöchigen Stammstreckensperrungen in den Sommerferien 2021 und 2022 musste die ersatzweise Nutzung der Panoramabahn eingestellt werden. Ursache war ein außergewöhnlich hoher Radverschleiß, den man zunächst mit Schmierungen beheben wollte. Nachdem diese nicht die gewünschten Effekte erzielten, wurden weitere Untersuchungen angestellt. In der Sitzung des Verkehrsausschusses des Verbands Region Stuttgart berichteten Vertreter der DB über deren Ergebnisse und die Ursache des Verschleißes.
Die Untersuchungen der DB sind zum Schluss gekommen, dass die Schienen auf der Panoramabahn in ihrem Schienenkopfprofil typische abnutzungsbedingte Veränderungen aufweisen. Diese liegen zwar innerhalb der einschlägigen Normen und Richtlinien, können aber in engen Gleisbögen bei intensiver Befahrung zu einer erhöhten Abnutzung der S-Bahnräder führen. „Fahrzeuge, Gleistopografie mit engen Bögen und Belastung der Strecke haben letztendlich zu der besonderen Situation geführt“, resümierte Stephan Alexander Schmidt, Leiter Anlagen- und Instandhaltungsmanagement der DB Netz AG in der Region Südwest. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, bestehende Schienen neu zu profilieren. Auf der Panoramabahn ist dies nicht möglich, da die bestehenden Schienen hierfür keinen ausreichend großen Abnutzungsvorrat aufweisen. Daher kommt nur ein Austausch der Schienen mit einer Gesamtlänge von ca. 5km infrage. Vor Beginn der Stammstreckensperrung 2023 wird dies aufgrund eingeschränkter Liefer- und Baukapazitäten nicht möglich sein. Zumal die Schienen noch eingefahren werden müssten, was mehrere Wochen bis zu einem halben Jahr dauern. „Wir führen die Arbeiten rechtzeitig vor der Stammstreckensperrung 2024 aus“, sagte Rüdiger Weiß, Leiter Betrieb, Fahrplan und Vertrieb der DB Netz AG in der Region Südwest. Für die Stammstreckensperrungen 2023 soll daher von vornherein auf eine Nutzung der Panoramabahn verzichtet werden. „Wir müssen in diesem Jahr ein Betriebskonzept zur Stammstreckensperrung gewährleisten, auf dass sich unsere Fahrgäste während der gesamten Dauer verlassen können. Zwischen Stuttgart Hauptbahnhof und Stuttgart-Vaihingen fahren wir im Halbstundentakt mit Doppelstockwagen. Parallel zu diesem Zugpendel werden wir das Angebot für unsere Fahrgäste mit zusätzlichen Expressbussen erweitern“, betonte Dr. Dirk Rothenstein, Vorsitzender der Geschäftsleitung der S-Bahn Stuttgart.
Im Sommer und Herbst 2022 war der Streckenabschnitt zwischen Filderstadt und dem Bahnhof Flughafen/Messe ebenfalls von einer verschleißbedingten Betriebseinstellung betroffen. Auch hier liegt die Ursache im Schienenzustand, wobei nur zwei kurze Streckenabschnitte von insgesamt rund 1,5km betroffen sind. Nachdem mit einer gezielten Schmierung der Schienenflanken begonnen wurde, kann der Betrieb bis auf Weiteres durchgeführt werden. „Zwischen den S-Bahn-Stationen Flughafen/Messe und Filderstadt baut die Bahn noch vor der Stammstreckensperrung in diesem Jahr neue Schienen ein, so dass die S-Bahn ihren Zugpendel zwischen Stuttgart-Vaihingen und Filderstadt fahren kann. Dazu optimieren wir das Schmieren sowohl an den Rädern der Fahrzeuge als auch an den Schienen“, so Rüdiger Weiß.
Stimmen der Fraktionen
Rainer Ganske (CDU/ÖDP) bezeichnete die Stammstreckensperrung als „nicht erfreulich und belastend für die Fahrgäste“. Die Bahn habe dargestellt, sie bemühe sich und habe die offenkundigen Fehler und Ursachen gefunden. Dies sei nötig, um sie zu beseitigen. Seiner Fraktion sei es ein dringendes Anliegen, die Maßnahmen in Filderstadt schnellstmöglich umzusetzen. Da die Strecke recht kurz und nicht so alt sei, stellte er die Frage: „Was müssen wir bei künftigen Planungen beachten, um solche Probleme zu vermeiden?“ Zudem sei wichtig, ein Konzept zu entwickeln und das Konzept breit zugänglich zu machen. „Nichts ist ärgerlicher, als sich nicht rechtzeitig auf ein Thema einzustellen“, so Ganske.
Philipp Buchholz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bezeichnete die Situation im Sommer 2022 als „Bankrotterklärung der DB“. Die Komplexität der Situation sei dargestellt worden, aber schwer nachvollziehbar, dass man sie nicht in den Griff bekommen habe. „Für die diesjährige Sperrung erwarten wir ein leistungsstarkes Konzept, das zuverlässig funktioniert“, so Buchholz. Man brauche ein funktionierendes Leitsystem mit mehr Stadtbahnen und mehr Busse. Er appellierte auch mit dem Land zu sprechen und gegebenenfalls Ersatzverkehre mit Regionalzügen zu fahren. „Die Menschen haben gelernt, dass sie sich nicht auf die Bahn verlassen können. Aber auf den ÖPNV sollten sie sich verlassen können“, resümierte Buchholz.
Frank Buß (Freie Wähler) bat darum, zwischen berechtigter und überzogener Kritik zu differenzieren. Er appellierte Filderstadt und die weiteren Kommunen frühzeitig einzubinden und zu informieren. Auch die Öffentlichkeit müsse sukzessive eingebunden werden. „Kommunikation und Transparenz sind in diesem Fall entscheidend“, so Buß.
Für Michael Makurath (SPD) sei es positiv, die Ursachen zu kennen. „Schal schmeckt, dass wir solche Strecken haben, auf denen solche Probleme entstehen“, so Makurath. Für ihn stellte sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob dies ein Problem sei, dass nur im Südwesten vorkomme. Er betonte: „Wir haben keinen Schuss mehr frei. Diesmal muss es störungsfrei klappen.“
Holger Dorn (AfD/FR) fragte sich, warum man nicht schon früher den Verschleiß hätte messen könne, wenn bekannt sei, dass dieser in kurvenreichen Strecken vorkomme. Er fand es begrüßenswert, die Ursache durch Analysen zu kennen, appellierte, künftig frühzeitige Verschleißprüfungen vorzusehen und vor solchen Maßnahmen durchzuführen.
„Wir müssen uns entscheiden, ob wir eine gute Infrastruktur wollen“, konstatierte Rena Farquhar (FDP). Wichtig sei, eine Lösung zu finden. Sie und ihre Fraktion hofften auf ein gutes Konzept und wiesen eindringlich darauf hin, dass „die Leistungsfähigkeit und Information für die Öffentlichkeit im Vordergrund stehen.
Für Wolfgang Hoepfner (DIE LINKE/PIRAT) sei die Glaubwürdigkeit der DB aufgrund der Fakten massiv erschüttert. „Sie sind in der Bringschuld, eine Leistung zu erbringen, die vertraglich vereinbart ist“, so Hoepfner.