S-Bahn der Zukunft
S-Bahn-Netz, Kapazitäten und Barrierefreiheit werden unter der Regie des Verbands Region Stuttgart konsequent ausgebaut und weiterentwickelt.
Das Netz wächst
Über mögliche Verlängerungen der S-Bahn-Linien entscheidet die Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart. Hier eine Übersicht über alle beschlossenen Maßnahmen die aktuell in der Planungs- oder in Umsetzungsphase sind:
Seit Juni 2021 sind alle Bahnsteige der S-Bahn Stuttgart für die Fahrgäste stufenfrei erreichbar. Das ist aber nur der erste Schritt auf dem Weg zur Barrierefreiheit. Die Region hat sich zudem das Ziel gesetzt, an allen S-Bahn-Stationen den Ein- und Ausstieg zwischen Bahnsteigkante und S-Bahn-Fahrzeug stufenfrei zu ermöglichen.
Hierzu sind in den kommenden Jahren von DB Station&Service die noch nicht aufgehöhten Bahnsteige an 30 von insgesamt 83 Stationen auf 96 cm über Schienenoberkante (SO) aufzuhöhen. Bei der Bahnsteigerhöhung werden zudem zur Gewährleistung der sogenannten weitreichenden Barrierefreiheit neben der Anpassung der Bahnsteighöhe auf die Einstiegshöhe der S-Bahn-Fahrzeuge folgende Teilbereiche überprüft und nach Bedarf verbessert:
- Fahrgastinformationsanlagen
- Lautsprecheranlage oder Akustikmodul
- taktiles Leitsystem auf dem Bahnsteig
- taktiler Weg zum Bahnsteig, Stufenmarkierung
- taktile Handlaufschilder an Treppen und Rampen
- Wegeleitung und Beschilderung
- Herstellung der Stufenfreiheit auf dem Bahnsteig
- Wetterschutzeinrichtungen
In Folge dessen erwartet die Fahrgäste als Begleiterscheinung der Aufhöhung zukünftig nicht nur ein neuer aufgehöhter Bodenbelag, sondern oftmals – wie am Beispiel der jüngst umgebauten Station Rommelshausen sichtbar – auch eine an den Stand der Technik angepasste Bahnsteigausstattung.
Die Schiene ist die Zukunft: Immer mehr Menschen wollen aus den unterschiedlichsten Gründen den ÖPNV nutzen. Umso wichtiger ist es, durch Kapazitätssteigerungen dieser Nachfrage gerecht zu werden. Engere Zeitpläne und mehr Fahrzeuge auf den Schienen bedeuten aber auch potenziell mehr Störanfälligkeit. Der Verband Region Stuttgart und die DB Regio haben sich dafür entschieden, dieser mit einer ganz besonderen Lösung entgegenzutreten:
Das für den Hochgeschwindigkeitsverkehr entwickelte, europäisch standardisierte Zugbeeinflussungssystem ETCS (European Train Control System) soll erstmals in Deutschland für hoch belastete S-Bahn-Bereiche eingesetzt werden. Mit der Region Stuttgart wird im Rahmen des Projekts Digitaler Knoten Stuttgart erstmals ein großer Eisenbahnknoten mit digitalen Stellwerken und dem europäischen Zugsicherungssystem ETCS ausgestattet. Der Knoten ist ein Pilotprojekt im Rahmen des Starterpakets der „Digitalen Schiene Deutschlands“.
Was ist ETCS?
Mit ETCS werden Zugfahrten auf dem Streckennetz kontrolliert und beeinflusst. ETCS überwacht z. B., ob ein Zug einen Gleisabschnitt befahren darf, sowie die Geschwindigkeit. In Stuttgart soll ETCS Level 2 eingeführt werden. Hierbei kann auf die konventionellen Signalanlagen entlang der Strecke verzichtet werden. Die Streckensignale existieren nur noch virtuell, und die entsprechenden Informationen werden dem Triebfahrzeugführenden im Voraus direkt im Führerstand angezeigt. Die Datenübertragung verläuft kontinuierlich und in beide Richtungen.
Welche Auswirkungen hat das neue System auf die S-Bahn?
Zunächst müssen alle S-Bahn Züge mit der entsprechenden Technik ausgestattet werden. Mit ETCS Level 2 können die Züge dichter hintereinander in die Haltestelle einfahren. Dadurch können vorausgegangene Haltezeitüberschreitungen deutlich besser kompensiert werden. Ein „Aufschaukeln“ von Zugverspätungen wird verringert. Darüber hinaus bietet die Einführung von ETCS die Grundlage für eine Geschwindigkeitserhöhung auf der Stammstrecke.
Konkret bedeutet dies, dass auf der besonders hoch belasteten S-Bahn-Stammstrecke zukünftig bis zu 30 Meter kurze Blöcke gebildet werden können. Durch ETCS wird kann in Verbindung mit teilautomatisiertem Fahren die Zugfolge um rund eine halbe Minute verkürzt werden. Weitere Optimierungen sind möglich.
Um das dichtere Befahren des Netzes auch effektiv umsetzen zu können, hat der Verband Region Stuttgart insgesamt 58 neue Züge beschafft, die für die notwendige Kapazitätserhöhung im Netz sorgen werden. Hinzu kommen deutlich ausgedehnte Betriebszeiten.
Wie erfolgt die Umsetzung?
Die neue Technik wird Schritt für Schritt in Betrieb genommen. Ein erster Teil des neuen Stellwerks (noch mit konventionellen Signalen) soll bereits Anfang 2025 in Betrieb gehen, ab dann soll das System ETCS auf Herz und Nieren getestet werden, bevor 2026 der Kern des Knotens unter hohen Leistungsanforderungen mit ETCS in Betrieb genommen wird.
In den Folgejahren kommen dann unter anderem ATO GoA 2 (eine Art ferngesteuerter Tempomat), ein Verkehrsmanagementsystem (CTMS) und der neue Bahnbetriebsfunk FRMCS zum Einsatz.
Welche Angebotserweiterungen sollen mit ETCS umgesetzt werden?
Die neuen Möglichkeiten mit ETCS sollen direkt beim S-Bahn-Reisenden ankommen. Neben einer deutlichen Stabilisierung des S-Bahn-Fahrplans sind zunächst die folgenden Ergänzungen im Kernbereich geplant:
- Vollständige Langzugbildung, bestehend aus drei Fahrzeugen, in der Hauptverkehrszeit. Das bringt nicht nur weitere Kapazitäten, sondern beschleunigt auch den Fahrgastwechsel und kann so zu mehr Pünktlichkeit beitragen.
- Mit Inbetriebnahme der neuen Technik sollen vier weitere Züge in der Stunde aus dem Nordast über die Schwabstraße hinaus bis nach Stuttgart-Vaihingen fahren. Zwei weiter davon bis Böblingen. Viele Fahrgäste müssten dann am Hauptbahnhof nicht mehr umsteigen, was den Betriebsablauf dort weiter stabilisieren helfen kann.
- Langfristig sollen mehr Züge in die Stammstrecke fahren
Wie wird ETCS finanziert?
Wie üblich bei einem so großen Projekt setzt sich die Finanzierung aus unterschiedlichen Bausteinen zusammen:
Bund
Als Teil des Programms „Digitale Schiene Deutschlands“ wurden Fördermittel des Bundes akquiriert.
Land
Teilnahme an einem Förderprogramm im Rahmen von Luftreinhaltung. Hierzu fördert das Land unter anderem die Anschaffung von 47 S-Bahn-Fahrzeugen mit rund 106 Millionen Euro. Zudem fördert das Land den Betrieb für die Verkehrsverbesserungen über eine Erhöhung der jährlichen Regionalisierungsmittel um 0,8 Prozent auf 9,9 Prozent ab dem Jahr 2021. Der Einbau von ETCS und Investitionen in die Infrastruktur, welche der Bund nicht übernimmt, werden ebenfalls gefördert. Nach eigenen Angaben beteiligt sich die Landesregierung mit insgesamt circa 330 Millionen Euro.
Region Stuttgart
Für die Phase der Erprobung und Zulassung der neuen Technologie wurde der Vertrag des Verbands Region Stuttgart mit der DB Regio über den Betrieb der S-Bahn bis Juni 2032 verlängert. Zudem wurde er für das erweiterte Angebot angepasst. Wichtigster Eckpunkt der Vertragsverlängerung ist die Beschaffung von 58 Neufahrzeugen. Für deren Finanzierung und die Fahrzeugausstattung mit ETCS nimmt der Verband Region Stuttgart einen Kredit von rund 380 Millionen Euro auf. Diesen finanziert er über die Jahre 2020 bis 2032, also bis zum Ende der Laufzeit des verlängerten Verkehrsvertrags.
DB Regio
Die DB Regio rüstet alle 215 S-Bahn-Fahrzeuge mit ETCS aus und übernimmt dafür einen Kostenanteil.
Europäische Union
Die Europäische Union fördert unter anderem die Fahrzeugumrüstung im Rahmen des Projekts Connecting Europe Facility.
Redesign der Fahrzeuge
Ende 2021 wurde nicht nur die Anzahl der S-Bahn-Fahrzeuge erhöht, sondern auch der Startschuss für ein umfassendes Redesign gegeben. In einem ersten Schritt wird das Außendesign der Züge erneuert. Dieses soll ein möglichst reibungsloses Ein- und Aussteigen ermöglichen. Durch farbliche Markierungen der verschiedenen Servicebereiche auf der Zug-Außenseite wird den Fahrgästen die Orientierung beim Einsteigen erleichtert, um so Haltezeiten zu reduzieren.
Die bislang eher zurückhaltenden Piktogramme, die Fahrradfahrern den richtigen Einstiegsort angezeigt haben, werden erweitert. Künftig sind die kompletten Bereiche der Sonderabteile in Blau beziehungsweise Gelb für die 1. Klasse eingefärbt und heben sich gut erkennbar für S-Bahn-Fahrgäste auch auf vollen Bahnsteigen ab.
Ab 2027 folgt dann eine umfassende Erneuerung des Innenlebens der S-Bahn. Vor allem im Bereich der Mehrzweck-Abteile sollen Umbaumaßnahmen und Erweiterungen stattfinden. Die Mehrzweckbereiche an den Zug-Enden werden insbesondere auf die Anforderungen von Rollstuhlfahrern und Fahrgästen mit Kinderwägen ausgerichtet. Für Radfahrer soll mehr Raum durch zusätzliche Abteile in der Zug-Mitte geschaffen werden. Zudem werden neue Monitore mit kundenorientierten Anzeigemöglichkeiten die Fahrgastinformationen verbessern, ein automatisches Fahrgastzählsystem in den Türen wird Informationen zur Echtzeitauslastung geben. Steckdosen in allen Zügen sorgen zudem für mehr Komfort.
Ab 2027 folgt dann eine umfassende Erneuerung des Innenlebens der S-Bahn. Vor allem im Bereich der Mehrzweck-Abteile sollen Umbaumaßnahmen und Erweiterungen stattfinden. Die Mehrzweckbereiche an den Zug-Enden werden insbesondere auf die Anforderungen von Rollstuhlfahrern und Fahrgästen mit Kinderwägen ausgerichtet. Für Radfahrer soll mehr Raum durch zusätzliche Abteile in der Zug-Mitte geschaffen werden. Zudem werden neue Monitore mit kundenorientierten Anzeigemöglichkeiten die Fahrgastinformationen verbessern, ein automatisches Fahrgastzählsystem in den Türen wird Informationen zur Echtzeitauslastung geben. Steckdosen in allen Zügen sorgen zudem für mehr Komfort.
Qualitätsoffensive
Nicht nur längere Linien und neue Stationen sorgen für ein attraktiveres Angebot, sondern auch Maßnahmen, die für die Reisenden nicht gleich ersichtlich sind. Im Rahmen der Qualitätsoffensive für den Schienenknoten Stuttgart (QSS) übernimmt der Verband mit zusätzlichen Investitionen sogar Aufgaben im Schienennetz, für die eigentlich andere zuständig sind, um das Netz stabiler zu machen. Einige Beispiele:
- Mehr Weichen sorgen für mehr Flexibilität. Durch den Einbau können unter anderem die Gleise im S-Bahn-Tunnel zwischen Schwabstraße und Universität insbesondere bei Störungen künftig flexibler genutzt werden.
- Mehr Bahnsteige für mehr S-Bahn. In Wendlingen, Nürtingen und Oberboihingen werden die Bahnsteige angepasst, damit die S-Bahn von Plochingen bis Nürtingen weiterfahren kann. Ebenso wird in Feuerbach ein Bahnsteig reaktiviert, der neben der Abwicklung von Störfällen auch die Verlängerung der S62 von Zuffenhausen nach Feuerbach ermöglichen soll.
- Mehr Züge benötigen mehr Abstellgleise: Dazu sollen in Kornwestheim, Stuttgart-Vaihingen, Bietigheim-Bissingen und Esslingen weitere 49 für die Fahrzeuge hergerichtet werden.