STUTTGART: Der Verband Region Stuttgart prüft eine Änderung der im Regionalplan ausgewiesenen Standorte zur Sicherung und zum Abbau von oberflächennahen Rohstoffen. Der gestrige Planungsausschuss votierte mehrheitlich dafür, ein entsprechendes Verfahren vorbereiten zu lassen. Dieses umfasst unter anderem die Zusammenstellung der Auswirkungen auf unterschiedliche Schutzgüter in einem Umweltbericht, die Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Träger öffentlicher Belange. Untersucht werden Gebiete in Marbach-Rielingshausen, Markgröningen und Weissach. Während in Weissach ein Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden und der Standort in Markgröningen an aktuelle Produktionsanforderungen angepasst werden soll, wird für das Abbaugebiet auf Marbacher Gemarkung eine Erweiterung geprüft. Damit soll der langfristige Betrieb des Steinbruchs gesichert werden.
Die Region Stuttgart verfügt über recht großflächige Vorkommen mineralischer Rohstoffe. Es handelt sich dabei um Muschelkalk, der für die Produktion von Schotter, Kies und Sand oder – seltener – als Naturwerkstein verwendet wird, Ziegeleirohstoffe, hier vor allem Ton, sowie Sande. Gemäß dem Landesentwicklungsplan (LEP) ist der Verband Region Stuttgart für die Sicherung abbauwürdiger Rohstoffvorkommen auf seinem Gebiet zuständig. Regional bedeutsame Abbaustätten und gegebenenfalls abbaufähige Reserven sind im Regionalplan als Bereiche zum Abbau oder zur Rohstoffsicherung festgeschrieben und sollen nicht dauerhaft bebaut werden. Antragsverfahren zur Erweiterung bestehender Abbaustellen oder zur Anlage neuer Abbaustellen können nur zugelassen werden, wenn die betreffenden Flächen im Regionalplan als Vorranggebiete ausgewiesen sind. Bereits aktive Abbaustandorte sollen erst vollständig abgebaut werden, bevor neue Vorkommen erschlossen werden. Mit der letzten Regionalplanfortschreibung 2009 sind 31 Gebiete für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe mit 420 Hektar und 30 Gebiete mit 430 Hektar für deren Sicherung festgelegt worden. Davon sind 21 Abbaustätten derzeit aktiv, während durch den fortschreitenden Abbau der letzten Jahre die Gesamtfläche um 20 Prozent zurückgegangen ist. Da sich zwischenzeitlich auch Siedlungen ausgeweitet haben und teilweise Schutzgebiete die Vorkommen überlagern, ist von einer zusätzlichen Verringerung abbaufähiger Vorkommen auszugehen. Jede aktive Gewinnungsstätte spielt eine wichtige Rolle für die Rohstoffversorgung vor Ort und sorgt dafür, dass aufwändige und emissionsreiche Rohstofftransporte von außerhalb der Region geringer gehalten werden.
Stimmen aus den Fraktionen
Roland Schmid (CDU/ÖDP) betonte, dass es eine Pflichtaufgabe der Region sei, Abbau von Rohstoffen zu ermöglichen und Gebiete für diesen Zweck festzulegen. Es sei darüber hinaus auch sinnvoll, sich damit auseinanderzusetzen und ortsnahe Rohstoffgewinnung zu ermöglichen. „Mit dem Streitfall in Marbach-Rielingshausen beschäftigen wir uns schon länger. Wir müssen hier eine Konfliktabwägung vornehmen.“ Ohne ein entsprechendes Prüfungsverfahren zu eröffnen, sei dies nicht möglich. „Auch wenn der Spielraum für Recycling derzeit nicht so groß zu sein scheint, sollten wir trotzdem den Anteil erhöhen und die Möglichkeiten des Recyclings verbessern.“
Das klare Ziel sei es laut Dr. Angela Brüx (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), den Rohstoffbedarf insgesamt zu senken: „Die Ressourcen sind endlich.“ Wo immer möglich, solle recycelt oder auf nachhaltige Baustoffe zurückgegriffen werden. Da aber beides zurzeit den Rohstoffbedarf nicht decken könne, müssten Bedarfe im Hinblick auf den Klimaschutz ortsnah gedeckt werden. „Nur in einem ergebnisoffenen Änderungsverfahren können wir die Anliegen aller Beteiligten erfassen und gewichten“, konstatierte Dr. Brüx. Ihre Partei habe großes Verständnis für die Belastungen der Anwohner und wünsche sich ein transparentes und faires Verfahren.
Wilfried Dölker (Freie Wähler) betrachtete die Bestandsaufnahme der Verbandsgeschäftsstelle als ausgewogen. „Der Rohstoffabbau schafft die Grundlagen für die Produktion von Baumaterialien und ermöglicht klimaschonende Transportwege. Und durch alternative Rohstoffe kann der Bedarf derzeit noch nicht gedeckt werden.“ Dennoch seien die Bedenken vor Ort nachvollziehbar und verständlich und müssten ergebnisoffen untersucht werden. „Eine Prüfung mit umfassender Darstellung von Vor- und Nachteilen ist eine sachgerechte Form der Rechtsfindung.“
Die Sorgen der Bürger*innen von Rielingshausen konnte Regina Traub (SPD) sehr gut nachvollziehen, da diese direkt von den Auswirkungen des Steinbruchbetriebs betroffen seien. Nicht nachvollziehbar war für sie hingegen, dass der Abbau dort laut Betreiber für nur noch acht Jahre gesichert sei. Trotzdem war sie überzeugt: „Mit der Untersagung einer Erweiterung wird sich eine Kreislaufwirtschaft nicht erzwingen lassen“, auch wenn sich ihre Partei klar zu diesem Ansatz bekenne. Ohne Verfahren würde das Thema nur aufgeschoben werden.
Joachim Hülscher (AfD) fand die Aufarbeitung des Themas „Rohstoffabbau und -sicherung“ wichtig, da sie nochmals verdeutliche, dass diese Aufgabe auf regionaler Ebene liegt. Man müsse nicht betonen, dass ein Verfahren dazu ergebnisoffen sein müsse. Von einem Regionalplanänderungsverfahren dürfe man erwarten, dass eine demokratische Entscheidung auf Basis ausführlicher Abwägungsprozesse folgt. Seine Fraktion gehe positiv in dieses Verfahren.
„Wir brauchen einen Blick auf die Rohstoffsituation von regionalplanerischer Flughöhe“, befand Kai Buschmann (FDP). Es gehe hier vorrangig um die Frage der Selbstversorgung der Region, nicht um kommunale Belange. Die Entscheidung müsse daher aus regionaler Perspektive getroffen werden.
Christoph Ozasek (DIE LINKE/PIRAT) hatte kein Verständnis für den „unstillbaren Ressourcenhunger der Region" und plädierte für einen nachhaltigen Umgang mit endlichen Rohstoffen. Regionales Wachstum müsse begrenzt werden. Seine Fraktion stimmte gegen die Prüfung einer Regionalplanänderung.
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