In ihrer Sitzung am 17. April 2024 hat die Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart Änderungen des Regionalplans beschlossen. Die Änderungen beziehen sich auf die Schaffung eines neuen Regionalen Gewerbeschwerpunkts im Bereich „Benzäcker" in Mundelsheim und die Erweiterung des Regionalen Grünzugs „Ottmarsheimer Höhe". Vorangegangen waren eine umfangreiche Bürgerbeteiligung und intensive Abstimmungen und Beratungen, die darauf abzielten, die Notwendigkeit großer, zusammenhängender Gewerbeflächen mit den Belangen des Freiraumschutzes und der nachhaltigen Raumentwicklung in Einklang zu bringen.
„Bei der Ausweisung eines Gewerbeschwerpunktes müssen immer Kompromisse eingegangen werden“, äußerte sich Thomas Kiwitt, Leitender Technischer Direktor für den Bereich Planung beim Verband Region Stuttgart. „Wenn man der Auffassung ist, dass die Region auch in Zukunft Gewerbeflächen braucht, die in dieser Form nicht im Bestand verfügbar sind, dann ist der vorgeschlagene Standort der beste, den wir in diesem Teilraum finden können.“
Die Umsetzung des Gewerbeschwerpunkts und die Erweiterung des Grünzugs sind dabei als langfristige Maßnahmen zu verstehen, die eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der Region Stuttgart sicherstellen sollen. Damit hat die Region den rechtlichen Rahmen für den künftigen Gewerbeschwerpunkt geschaffen. Dieser soll den anstehenden wirtschaftlichen Strukturwandel und den Transformationsprozess in der Automobil- und Zulieferindustrie unterstützen. Gleichzeitig bietet die Erweiterung des Grünzugs im Bereich „Ottmarsheimer Höhe" neue Möglichkeiten für die Freiraumerhaltung.
Das Beteiligungsverfahren, das im April 2023 begann, umfasste eine breite öffentliche Auslegung der Planungsunterlagen und zog zahlreiche Stellungnahmen nach sich, die sowohl die Standortwahl als auch die Umweltauswirkungen betrafen. Die eingegangenen Hinweise und Anregungen wurden sorgfältig geprüft und fanden Eingang in die finale Planung. Mit dem Beschluss setzt die Regionalversammlung ein klares Zeichen für die Zukunftsfähigkeit der Region.
Stimmen der Fraktionen
„Wir können heute etwas machen, was uns nicht immer gelingt“, sagte Michael Schreiber (CDU/ÖDP). „Nämlich den Knopf an eine Sache machen, nachdem wir alles getan haben, um das Verfahren zügig abzuschließen.“ Es sei ein großer Aufwand betrieben worden einschließlich einer Bürgerbeteiligung. „Dreieinhalb Jahre Arbeit: Lohnt dieser Aufwand überhaupt?“, so Schreiber weiter. „Ja, denn Aufgeben kann nicht die Alternative sein.“ Bei den großflächigen Ansiedlungen habe man aktuell nichts im Portfolio. „Deshalb besteht Handlungsbedarf und deshalb haben wir auch Weilheim beschlossen“, sagte Schreiber. Mundelsheim sei ein sehr guter Standort: Hier lasse sich zeitnah eine Umsetzung realisieren, und eine robuste Nutzung sei hier möglich. „Hier geht es voran. Der Regionale Gewerbeschwerpunkt wird keine Karteileiche.“
„Wir lehnen die Ausweisung dieses Vorranggebietes nach wie vor ab“, sagte Leo Buchholz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). „Wenn die wirtschaftliche Transformation wirklich große Flächenbedarfe sucht, dann liegt das daran, dass vorhandene Flächen nicht entwickelt werden.“ Stattdessen werde das Flächenkonto auf dem Papier weiter befüllt. „Wir sollten unsere Mühen deshalb auf die Erschließung bereits vorhandener Gewerbeschwerpunkte konzentrieren“, so Leo Buchholz weiter. „Jede Versiegelung von Fläche in einem Ausmaß eines interkommunalen Gewerbegebietes zerstört unwiederbringliche Naturgüter und ökologische Ressourcen.“ Ein fundamentaler Eingriff in den Freiraum in dieser Größe müsse deshalb immer gut begründet sein. „Und genau an dieser Begründung fehlt es uns“, sagte der Regionalrat.
„Der strukturelle Wandel der Industrie benötigt Flächenangebote“, sagte Wilfried Dölker (Freie Wähler). „Nur so können wir Unternehmen für unsere Region gewinnen.“ Es müsse oberstes Ziel bleiben, in der Region zukunftsfähige Beschäftigungsmöglichkeiten zu erhalten und aufzubauen. „Wir müssen handeln und die Grundlagen für den Strukturwandel schaffen. Das geht nicht nur über Bestandsflächen.“ Dölker bedankte sich bei den Gremien und Bürgern von Mundelsheim und den weiteren Gemeinden des Zweckverbandes Ottmarsheimer Höhe für das pragmatische und vorausschauende Handeln. Ministerien und andere Behörden hingegen würden die Eigeninitiative der Verbandsgemeinden nicht nachhaltig unterstützen, so Dölker. „Statt ständig Bedenken zu pflegen, brauchen wir Entscheidungen.“
„Strukturwandel und Transformation sind die wirtschaftlichen Schlagworte unserer Zeit“, so Regina Traub (SPD). „Daher nehmen wir die Entwicklung und die Fortschritte für den regionalen Gewerbeschwerpunkt „Benzäcker“ mit Zufriedenheit zur Kenntnis.“ Für ihre Fraktion sei vor allem die Lagegunst, direkt an der A81 und ortsdurchfahrtsfrei, von besonderer Bedeutung. „Für den „Benzäcker“ müssen im Zuge des Verfahrens Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden - das möglichst im direkten Umfeld, um als Mangelgebiet ausgewiesene Flächen ökologisch aufzuwerten“, sagte die Regionalrätin. „Wir appellieren deshalb erneut an Planer und Träger der Baumaßnahmen mit Flächen sparsam umzugehen.“
Joachim Hülscher (AfD/FR) ist mit dem Verfahren zufrieden, kritisch sieht er jedoch die benötigte Dauer: „Ich möchte Sie alle daran erinnern, dass es kein Leichtes war, für die schon lange benötigten großflächigen Ansiedlungen Flächen zu finden, die in der Raumschaft akzeptiert werden.“ Es gebe keine perfekte Lösung, auch mit „der jetzigen, war und ist nicht jeder mit einverstanden. Wir aber schon.“, so Hülscher.
Kai Buschmann (FDP) plädierte dafür, den vorgeschlagenen Planentwurf als Satzung festzustellen. „Dass das Regierungspräsidium die Frage stellt, ob die Flächen überhaupt notwendig sind, offenbart nicht nur eine Unkenntnis der aktuellen wirtschaftlichen Lage in der Region, sondern auch eine eklatante Ungleichbehandlung unterschiedlicher Bereiche des Regierungsbezirks Stuttgart“, kritisierte der Regionalrat. „Dem müssen wir im Interesse einer erfolgreichen Region gegensteuern“, so Kai Buschmann weiter. „Und zwar alle zusammen. Es zählt Einigkeit, um den Anfängen zu wehren.“
„Meine Fraktion lehnte einst diese Änderung des Regionalplans ab und stimmt auch gegen diese Beschlussvorlage“, sagt Sebastian Lucke (DIE LINKE/PIRAT). „Überdimensionierte Neuansiedlungen, umgeben von ländlich geprägten Gemeinden beschränkt auf Eigenentwicklung passen unserem Verständnis nach nicht in die Wirtschaftspolitik, die sich im 21. Jahrhundert als nachhaltig und klimagerecht verstehen sollte.“ Zudem erkenne man weder für Mundelsheim einen konkreten Bedarf für die Erweiterung des regionalen Gewerbeschwerpunkts, noch sei man mit der isolierten Lage zufrieden.