FELLBACH/STUTTGART: Demographischer Wandel, die anhaltende Flächeninanspruchnahme, aber auch die Klimaveränderungen sind Herausforderungen, die von Städten und Region konkretes Handeln verlangen. „Der Ansatz innen vor außen, also zunächst innerstädtische Flächen zu bebauen, bevor neue auf der ‚grünen Wiese‘ angetastet werden, ist deshalb wichtiger denn je“, hat der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart, Thomas S. Bopp gestern bei der Fachkonferenz „Innenentwicklung“ deutlich gemacht.
Die Staatssekretärin im Verkehrsministerium, Dr. Gisela Splett betonte: „Die Zeit raumgreifender Siedlungs- und Verkehrserschließung ist vorbei.“ In den nächsten Jahren müssten „klare, plausible Vorgaben für sparsamen Flächenverbrauch“ gemacht werden. Sie sprach sich auch für „Anreize finanzieller Art“ aus, um „den vorhandenen Siedlungsbestand zu nutzen und aufzuwerten“. Sofern der Landtag zustimme, könnte das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ fortgeführt werden. „Die Chancen dafür stehen sehr gut“, sagte Dr. Splett in ihrem Grußwort. Für ein „aktives Flächenmanagement“ sprach sich Fellbachs Baubürgermeisterin Beatrice Soltys aus. Und veranschaulichte, wie sich Fellbach dieses Themas annimmt.
Über 100 Teilnehmer aus Städten und Gemeinden, Kammern und Planungsbüros hatten sich in der Schwabenlandhalle Fellbach zu neuen Ansätzen der „Innenentwicklung als Basis für eine nachhaltige und flächenschonende Entwicklung der Städte und Gemeinden der Region“ ausgetauscht. „Flächensparen“ und „Flächenaktivierung“ seien zentrale Aspekte der Regionalplanung, denen sich der Verband Region Stuttgart schon seit Jahren widmet, so Bopp. Doch dabei sei Kreativität gefragt, denn der Regionalplan, der Landesentwicklungsplan oder das Landesplanungsgesetz alleine reichten längst nicht aus, um erfolgreiche Innentwicklung zu betreiben. Die gemeinsame Veranstaltung von Verband Region Stuttgart und der Stadt Fellbach ging deshalb auf neue Möglichkeiten ein und zeigte gelungene Beispiele aus der Region Stuttgart.
Wopperer: „gelungener Auftakt“
„Ganz wichtig ist die Verzahnung und Vernetzung der Akteure auf den verschiedenen Ebenen. Die heutige Veranstaltung ist ein gelungener Auftakt“, sagte Regionaldirektorin Jeannette Wopperer. „Kompakte Siedlungsentwicklung mit guter Anbindung an Infrastruktur ist für die nachhaltige Entwicklung der dicht besiedelten Region Stuttgart von grundlegender Bedeutung.“ Deshalb wird der Verband Region Stuttgart auch weiterhin einen Arbeitsschwerpunkt auf die Innenentwicklung legen, kündigte Wopperer an. „Wir werden die Kommunen weiterhin aktiv bei der Wiedernutzung von Brachen und Baulücken unterstützen“, so die gelernte Regierungsbaumeisterin. Anfang 2012 sind Anwendungsworkshops für Kommunen zur Umsetzung der Innenentwicklung mit Lösungsansätzen für konkrete Beispiele aus den Kommunen geplant. Ein Leitfaden zur Flächenaktivierung als kompakte, praxisorientierte Publikation wird erarbeitet und die Kooperation mit Hochschulen ausgebaut. Auch im Bereich der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) legt man den Fokus weiter auf die Entwicklung von Bestandsflächen.
Welche Wege Städte und Gemeinden bisher auf dem Weg der flächensparenden Innenentwicklung gegangen sind, zeigten einige Beispiele:
Fellbach: Wohnungen für Normalverdiener auf früheren Gewerbegebieten
Bereits seit 30 Jahren sei man für dieses Thema in Fellbach sensibilisiert, so Baubürgermeisterin Beatrice Soltys. In sieben Sanierungsgebieten wurden die vorhandenen Potenziale genutzt. Davon seien lediglich noch fünf Hektar bebaubar. Denn Fellbach gilt als attraktiver Wohnort, nicht nur wegen der Nähe zu Stuttgart. Fellbach wolle unter anderem mit der Umwandlung brachliegender Gewerbegebiete Wohnungen und Bauflächen für normalverdienende Familien schaffen. „Wir wollen diese Familien, die sonst kaum Aussicht auf bezahlbare Wohnungen oder Häuser hätten, in Fellbach halten“, erläutert Soltys die Doppelstrategie.
Dettingen/Teck: 160 Baulücken in zehn Jahren
Mit Geduld und guten Angeboten lassen sich Erfolge erzielen, ist Bürgermeister Rainer Haußmann aus Dettingen/Teck überzeugt. In den letzten zehn Jahren seien rund 160 Baulücken genutzt worden. Wichtig ist ihm dabei: „maximale Bürgerbeteiligung“. Die Bürger mitnehmen und die Innenstadt wieder ins Blickfeld rücken, sieht auch Amtsleiter Klaus Brenner aus Ebersbach als geeignet an. Man lege zum einen Wert darauf, Wohnen und Freiräume zu verknüpfen, zum anderen auch auf soziale Aspekte. Einen strategischen Ansatz wählt die Stadt Esslingen bei der Aktualisierung ihres Flächennutzungsplans. Darin sollen zu verschiedenen Themen Szenarien der räumlichen Entwicklung angelegt werden.