Wegen einer neuen Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die Anfang des Jahres ergangen ist, hebt der Verband Region Stuttgart das laufende wettbewerbliche Auswahlverfahren um den S-Bahn-Betrieb auf und leitet ein neues Wettbewerbsverfahren ein. Das hat der Verkehrsausschuss gestern in seiner nicht-öffentlichen Sitzung beschlossen.
„An dem inhaltlichen Konzept der Ausschreibung ändert sich nichts“, erläutert Regionaldirektor Dr. Bernd Steinacher. „Allerdings werden wir den Wettbewerb an die neue Rechtssprechung des EuGH anpassen und nicht mehr nach dem Verwaltungsrecht, sondern nach dem Vergaberecht vornehmen“. Der Aufruf zum Teilnahmewettbewerb sei noch gestern an das Europäische Amtsblatt geschickt worden. In den nächsten sechs Wochen könnten sich Interessenten bewerben.
Kombination von Dienstleistung und Beschaffung
Das ursprüngliche Ausschreibungskonzept sah ein kombiniertes Verfahren aus Dienstleistungsauftrag (z. B. Betrieb der S-Bahn und Fahrgastinformation) nach dem Verwaltungsrecht und Beschaffung (z. B. Fahrzeuge oder Reparaturwerk) nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) durch das Verkehrsunternehmen vor. Gestützt auf ein EuGH-Urteil aus dem Jahr 2001 sowie ein Urteil des Kammergerichts Berlin aus dem Jahr 2006 habe dieses Vorgehen ein größtmögliches Maß an Verhandlungsspielraum und ein faires Verfahren für die Unternehmen versprochen, so Dr. Steinacher.
Auslöser für den Beschluss des Verkehrsausschusses ist eine Entscheidung des EuGH vom Januar 2007. Darin hatte der EuGH beim Bau einer Freizeiteinrichtung in Frankreich verlangt, dass die gemeinsame Beschaffung von Dienstleistung und Gegenständen in einem vergaberechtlichen Verfahren zusammengeführt werden muss.
Substanz bleibt erhalten
Der Verband Region Stuttgart habe sich auf der Grundlage von zwei Rechtsgutachten renommierter Kanzleien zum Neustart des Verfahrens entschieden. Ziel im neuen Verfahren sei wiederum die gemeinsame Vergabe von Dienstleistung und Beschaffung. „Praktisch bedeutet dies eine Zeitverzögerung für das Verfahren von drei bis vier Monaten, da der Teilnahmewettbewerb erneut durchgeführt werden muss“, führt Regionaldirektor Dr. Steinacher aus.
An rechtlichen Konsequenzen nannte er eine strengere Standardisierung des Verfahrens. Inhaltlich müssten praktisch keine Korrekturen vorgenommen werden. Dr. Steinacher: „Wir können die bereits erarbeiteten Vergabeunterlagen weiter verwenden. Die Substanz des Verfahrens bleibt also erhalten, allerdings ändert sich der Rechtsrahmen“. Der Beschluss über die Zulassung der Interessenten für das eigentliche Verhandlungsverfahren soll Mitte September 2007 erfolgen.
Der aktuelle S-Bahn-Vertrag wurde im Juli 2003 mit DB Regio AG geschlossen. Er läuft mindestens bis Juli 2011 und maximal bis Dezember 2013. Im November 2005 hatte der Verkehrsausschuss beschlossen, den Betrieb der S-Bahn im Wettbewerb zu vergeben. Im November 2006 folgte die Bekanntmachung im EU-Amtsblatt. Nach dem nun aktualisierten Zeitplan soll die Entscheidung über die Vergabe Anfang 2009 erfolgen.
Donnerstag, 5. Juli 2007/la