Der Verband Region Stuttgart wird zehn neue S-Bahn-Fahrzeuge des Typs ET 430 für insgesamt 81,4 Millionen Euro finanzieren. Das hat die Regionalversammlung heute nahezu einstimmig beschlossen. Diese zehn S-Bahn-Fahrzeuge des Herstellers Bombardier Transportation sollen ab Sommer 2016 schrittweise ausgeliefert werden und die 87 vorhandenen Fahrzeuge des baugleichen Typs ergänzen.
Handlungsoptionen für mehr Pünktlichkeit
„Diese Anschaffung hat gute Gründe“, sagte Regionaldirektorin Dr. Nicola Schelling heute in der Regionalversammlung. Die zehn S-Bahn-Züge eröffneten „Handlungsoptionen für die Zukunft“. Sie verwies auf die Streckenverlängerung von Filderstadt nach Neuhausen sowie auf weitere betriebliche Verbesserungen. Als Qualitätsoffensive in Sachen Pünktlichkeit sollen so genannte „überschlagene Wenden“ erfolgen. So sollen an den Endhaltestellen in Schorndorf, Weil der Stadt, Filderstadt und Vaihingen künftig je eine zusätzliche Fahrzeug-Garnitur bereitgestellt werden. Das schafft entspanntere Wendezeiten, vermeidet Folgeverspätungen oder baut diese sogar ab. Dass die DB Regio AG/S-Bahn Stuttgart dafür die Personalkosten trage, dokumentiert nach Auffassung von Dr. Nicola Schelling „den ernsthaften Willen, die S-Bahn wieder pünktlicher und zuverlässiger zu machen.“ Mit der Zusage, die zehn neuen Fahrzeuge zu finanzieren, werde die Region ihrer Rolle als Aufgabenträgerin in „hervorragender Weise“ gerecht. „Damit verbunden ist aber auch eine klare Erwartungshaltung in Richtung der Deutschen Bahn AG“, machte Dr. Schelling unmissverständlich klar.
Die Beschaffung der zehn neuen Fahrzeuge erfolgt durch die DB Regio AG bei Bombardiert Transportation. Der Verband Region Stuttgart wird wiederum gegenüber der DB Regio AG als Vertragspartnerin einen Zuschuss in vollständiger Höhe des Kaufpreises übernehmen. Diese Summe wird sich noch nicht 2015, sondern erst 2016 und 2017 im Haushalt niederschlagen.
Die Vereinbarung zwischen dem Verband Region Stuttgart und der DB Regio AG sieht vor, dass die Bahn Pönale leistet, sofern die zehn neuen Fahrzeuge nach dem 31. Mai 2017 eintreffen sollten. Das Eigeninteresse von Bombardier ist groß, diesen Zeitplan zu halten. Denn das Unternehmen verpflichtet sich, zugelassene Fahrzeuge zu liefern. Da die Serienzulassung für die Stuttgarter S-Bahn-Fahrzeuge ET 430 im Mai 2017 erlischt, wird es danach ungleich schwieriger, eine Zulassung zu erhalten.
Schiebetritt: Mehr Vertrauen in die Kompetenz des Herstellers wünschenswert
Bereits im Juli waren viele Eckpunkte der Vereinbarung festgezurrt worden, erläuterte Dr. Schelling. Knackpunkt sei die Haftung in Sachen Schiebetritt gewesen. Dazu sei nun in intensiven Gesprächen eine „tragfähige Einigung“ erzielt worden. Bekanntlich arbeitet Bombardier daran, die Schiebetritte funktionsfähig hinzubekommen. Die für die 87 Neufahrzeuge entwickelte Lösung solle auch bei den zehn neuen Fahrzeugen umgesetzt werden. Die Zusage von Bombardier, dass dies klappt, stehe, so Dr. Schelling. Sollte trotzdem als worst case der Ausbau der Schiebetritte notwendig werden, trage der Verband Region Stuttgart dafür die Kosten. Es geht um 470.000 Euro pro Fahrzeug, also insgesamt um 4,7 Millionen Euro. Dr. Nicola Schelling hätte sich „mehr Selbstvertrauen in die Kompetenz und Leistungsfähigkeit von Bombardier Transportation“ erhofft. „Durchsetzbar war die Risikoübernahme für den Schiebetritt durch Bombardier letztlich nicht. Abgesehen vom Kaufpreis trübt die Frage der Risikoübernahme sicherlich die Vorfreude auf die neuen Fahrzeuge“.
Dieser Einschätzung stimmten die Redner aller Fraktionen zu. Letztlich habe der Verband Region Stuttgart keine andere Wahl, wenn er den S-Bahn-Verkehr langfristig gestalten wolle.
Rainer Ganske (CDU) unterstrich: „Wir brauchen diese Fahrzeuge in der Hauptverkehrszeit.“ Es sei die letzte Chance, diesen Fahrzeugtyp noch zu bestellen. Es gehe um eine positive Entscheidung oder darum, den Status quo einzufrieren. Fritz Kuhn (Grüne) machte deutlich: „Die zehn neuen Fahrzeuge sind unser Beitrag zur S-Bahn-Pünktlichkeit.“ Damit verbunden sei ein „klarer Auftrag an die Deutsche Bahn“, damit die S-Bahn wieder pünktlich wird. „Wenn wir nicht zustimmen, wäre der weitgehende Stillstand im S-Bahn-System die Folge“, sagte Harald Raß (SPD). Einzelne Vertragsbestandteile seien „nicht nur überraschend, sondern auch ärgerlich.“
„Mit der Faust in der Tasche“ stimmen die Freien Wähler zu, sagte Andreas Hesky. Er hält den Fahrzeugpreis für überhöht, sieht aber keine Alternativen. „Die Konditionen des Herstellers sind nur schwer akzeptierbar“, sagte Peter Rauscher (Linke). Von einer „Frechheit erster Güte“ sprach Kai Buschmann (FDP). Die Region müsse sich in anderen Regionen umschauen, um „Wettbewerb bei den Anbietern zu schaffen.“ Der Preis für die Fahrzeuge ist „total überhöht“, begründet Ulrich Deuschle (Republikaner) seine Ablehnung.
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