Mit einer guten Zwei-Drittel-Mehrheit hatte die Regionalversammlung das Verfahren zur Entwicklung eines Strategischen Vorhaltestandorts für Industrie und Gewerbe im Bereich Hungerberg auf den Weg gebracht. Bereits 2009 zeigte eine Machbarkeitsstudie, dass sich der Bereich für eine solche Entwicklung besonders eignet. Vorerst gestoppt wurde das Planungsverfahren, nachdem sich ein Bürgerentscheid zu dieser Frage abzeichnete. Nach dem Votum gegen eine Bebauung auf dem Areal des Hungerbergs, steht die Entscheidung in der Regionalversammlung an, wie die Bereitstellung von geeigneten Flächen zur Begleitung des tiefgreifenden Strukturwandels gelingen kann.
Stimmen der Region
Dr. Nicola Schelling, Regionaldirektorin Verband Region Stuttgart:
„Die Region Stuttgart hat nach wie vor ein hohes Wohlstandniveau und bietet entsprechende Lebensqualität. Eine prosperierende Wirtschaft ist jedoch kein Selbstläufer. Die strukturellen Umbrüche, die sich gerade in der Automobilindustrie abzeichnen, erfordern unser aktives Zutun – auch in Form der Bereitstellung der für einen erfolgreichen Wandel benötigten Flächen. Wir müssen neue Zukunftsinvestitionen ermöglichen und den Unternehmen eine zuverlässige Perspektive bieten. Nur so können wir Wertschöpfung und Innovation in der Region halten und Arbeitsplätze sichern. Innenentwicklung und die Reaktivierung industrieller Brachen hat selbstverständlich Vorrang. Wenn der Bedarf in solchen Brachflächen allerdings nicht gedeckt werden kann, darf die Bebauung von Freiflächen zur Sicherung unserer Zukunft kein Tabu sein. Der Standort Dettingen wäre mit verhältnismäßig geringen Eingriffen verbunden gewesen, für deren Ausgleich zudem ein weitgehendes Konzept vorgelegt wurde. Es ist daher auch bedauerlich, dass dieser innovative Ansatz zur gleichzeitigen Entwicklung von Gewerbeflächen und Freiraum hier nicht umgesetzt werden kann.“
Dr. Walter Rogg, Geschäftsführer Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS):
„Der Wille der Menschen ist klar: Ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit müssen zusammengedacht werden. Das schließt nach dem Willen der Bürgerinnen und Bürger einen zusätzlichen Flächenverbrauch in Dettingen unter Teck aus. Die WRS wird nun einen anderen Platz für einen Vorhaltestandort suchen. Denn selbstverständlich sind wir nach wie vor von der Notwendigkeit überzeugt, eine große zusammenhängende Fläche für Zukunftstechnologien in der Region vorzuhalten. Unsere regionale Wirtschaft braucht dringend zusätzlichen Raum, um die Digitalisierung und die dringend anstehende Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit stemmen zu können. Die Reaktivierung von Brachen und die Innenverdichtung allein können nämlich den Bedarf an den akut benötigten neuen Gewerbeflächen so kurzfristig nicht decken.“
Hintergrund: Konzept der regionalen Vorhaltestandorte
Die Region Stuttgart steht angesichts eines tiefgehenden Strukturwandels in der wirtschaftlich prägenden Automobilindustrie vor weitreichenden Herausforderungen. Das Konzept des „regionalen Vorhaltestandortes“ soll es ermöglichen, bei zeitnah Flächen zur Begleitung der Transformationsprozesse bereitzustellen: Wenn Investitionen in Zukunftstechnologien – von Digitalisierung über Elektromobilität und autonomem Fahren – anstehen, sollten auch in der Region Stuttgart wettbewerbsfähige Angebote verfügbarsein.
Derzeit sind allerdings solche baureifen Flächen, die sich für größere und unter Umständen emissionsträchtige Gewerbe- und Industrievorhaben eignen, Mangelware. In den im Regionalplan ausgewiesenen Regionalen Gewerbeschwerpunkten sind zwar rund 320 Hektar für eine bauliche Entwicklung gesichert, jedoch sind davon nur sechs Gebiete größer als 20 Hektar – und keines davon baureif. Die bis zu einer Bebauung erforderliche Regelung der Eigentumsverhältnisse, notwendige Planungsverfahren und Erschließungsmaßnahmen erweisen sich dabei als äußerst langwieriger Prozess – zudem mit offenem Ausgang. Da auch die Potenziale in den bestehenden Werksarealen schnell ausgeschöpft sind (und zudem nur von den jeweiligen Eigentümern genutzt werden können), sind die Optionen zur Unterbringung neuer Technologien mit größeren Flächenbedarfen derzeit außerordentlich begrenzt.
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