04.05.2011
STUTTGART: Verbesserte Technik, steigende Nachfrage von Investoren und ein neu erwecktes Interesse an regenerativen Energien. „Auf diese veränderte Situation reagieren wir als Region“, hat Regionaldirektorin Jeannette Wopperer heute im Planungsausschuss deutlich gemacht. Deshalb wird der Verband Region Stuttgart auf Grundlage der aktuellen Winddaten des Landes neue Standorte für regionalbedeutsame Windräder unter die Lupe nehmen. „Wir wollen unsere Spielräume nutzen und über den Tag hinausdenken“, so Planungsdirektor Thomas Kiwitt. Dem hat sich der Planungsausschuss heute einstimmig angeschlossen.
Auf den Höhen der Schwäbischen Alb sowie einzelnen Kuppen im Zentrum und Osten der Region scheinen die Voraussetzungen günstig. Damit sich die Rotoren moderner Windräder überhaupt wirtschaftlich drehen, muss die Windgeschwindigkeit mindestens 5,3 Meter pro Sekunde in 100 Meter Höhe betragen. Doch genügend Wind alleine reicht nicht. Mögliche Standorte müssen auch auf Mindestabstand zu bebauten Gebieten, Landschaftsbild oder Immissionsschutz hin abgeklopft werden. Diese Kriterien gelte es jetzt zu erarbeiten, so Kiwitt. Im aktuellen Regionalplan sind derzeit neun Standorte für regionalbedeutsame Windräder enthalten. Sie gehen auf ein Konzept aus den Jahren 2000 bis 2004 zurück. Außerhalb dieser sogenannten Vorranggebiete sind Windräder über 50 Meter Nabenhöhe nicht erlaubt. Ob es bei dieser „schwarz/weiß“-Regelung bleibt, ist offen. Die neue Landesregierung hat angekündigt, die landesplanerischen Vorgaben zu überarbeiten. „Sobald diese vorliegen, können wir unverzüglich einen formalen Beschluss zur Teiländerung des Regionalplans fassen“, sagte Jeannette Wopperer. Für sie ist klar: Wenn es soweit ist, werden in bewährter Manier die Städte und Gemeinden intensiv beteiligt.
Regionale Energie- und Klimaschutzstrategie
Gebiete für regionale Windräder vorzusehen, ist ein wichtiger Punkt der regionalen Energie- und Klimaschutzstrategie – aber bei Weitem nicht der Einzige, wie die Diskussion darüber zeigte. Der Verband Region Stuttgart beschäftige sich seit Jahren als Vorreiter mit Themen des regionalen Klimaschutzes, sagte Verbandsvorsitzender Thomas S. Bopp einleitend.
„Zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels und zur Verringerung von CO2-Emissionen nutzen wir sämtliche Handlungsoptionen“, so Jeannette Wopperer. Sie verwies auf die Grundlagenarbeit der letzten Jahre, wie den bundesweit ersten regionalen Klimaatlas oder eine Klimadatenbank als Ergebnis des kürzlich abgeschlossenen Modellprojekts. „Mit vier Modulen wollen wir die Daueraufgabe einer regionalen Energie- und Klimaschutzstrategie weiter angehen“, sagte Wopperer.
Sie nannte erstens: Die regelmäßige Beobachtung (‚Monitoring‘) der tatsächlichen Entwicklung innerhalb der regionalen Zuständigkeiten. Dabei sind Fragen zu klären, wie der Energiebedarf aussieht, wie er gedeckt wird und welche Einflussnahmen auf regionaler Ebene bestehen. Zweitens: Nachhaltige Mobilität. Alle Vorschläge des Regionalverkehrsplans sollen auf ihren CO2-Ausstoß hin untersucht und bewertet werden. „Das ist ein innovatives Instrument, das es so noch nicht gibt“, sagte Planungsdirektor Thomas Kiwitt. Drittens: Potenziale zum Ausbau von erneuerbaren Energien, wie Windkraft, Biomasse oder Fotovoltaik sollen ermittelt werden. Wichtig dabei, Fotovoltaik-Anlagen sollen nicht auf der grünen Wiese sprießen, sondern vorzugsweise auf Gebäuden oder entlang von Lärmschutzwällen an Autobahnen und Schienenstrecken. Viertens: die Region will den erfolgreichen Weg für ein gutes Klima gemeinsam mit Partnern im In- und Ausland weitergehen. Dazu zählen auch Projekte mit Städten aus der Region, die Modellcharakter haben.
Übereinstimmend unterstützten alle Redner den Ansatz, die originären Handlungsmöglichkeiten der Region zu nutzen. Manfred List (CDU) sieht in dem modularen Vorgehen, einen „guten Einstieg“. Zentrale Aktionsfelder seien Flächenverbrauch und Standortfragen sowie der ÖPNV. Die lokalen Zuständigkeiten müssten beachtet werden. „Die regionalplanerischen Grundsätze einer kompakten Siedlungsentwicklung entlang von Entwicklungsachsen sind auch im Lichte des Klimaschutzes der richtige Weg“, sagte Matthias Hahn (SPD). „Wir brauchen ein regionales Energie- und Klimaschutzkonzept, allerdings darf dabei die regionale Ebene nicht verlassen werden“, so die Überzeugung von Alfred Bachofer (Freie Wähler).
Dorothee Kraus-Prause (Grüne) freute sich darüber, dass die langjährigen Interessen ihrer Fraktion in Sachen Klimaschutz breiten Widerhall finden. Sie vermisste allerdings klarere Zeit- und Zielvorgaben. Die Orientierung auf „konkreten Output“, forderte Kai Buschmann (FDP) ein. „Statt Stellvertreterdiskussionen müssen die Aufgaben der Region klar formuliert und beachtet werden.“ Christoph Ozasek (Linke) sprach sich für eine aktive Gestaltung der Rahmenbedingungen durch die Region aus. Er bemängelte, dass Aspekte der Ressourcen und Kreislaufwirtschaft fehlten. Ulrich Deuschle (Republikaner) ging auf die Abhängigkeit der Wirtschaft von guter Energieversorgung ein.